Größere Freiräume und auch deutliche Einschränkungen

21.05.2004 -  

Im Gespräch mit Rektor Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann zum neuen Landeshochschulgesetz

Nun ist es also da, das neue Landeshochschulgesetz. Vom Landtag in seiner April-Sitzung beschlossen. Der Kultusminister bezeichnet es als eines der modernsten, die Opposition kritisiert seine zu hohe Regelungsdichte und zahlreichen Paragraphen. Uni-Report sprach mit dem Rektor, Professor Dr. Klaus Erich Pollmann, über das neue Landeshochschulgesetz und seine Auswirkungen auf die Universität.

Wie bewerten Sie das neue Landeshochschulgesetz?

Die Frage ist nicht einfach zu beantworten. Auf der einen Seite schafft das neue Gesetz größere Freiräume, zum Beispiel in Hinblick auf unternehmerische Entscheidungen der Universität. Auf der anderen Seite aber zieht das Kultusministerium Kompetenzen an sich zurück. Am deutlichsten zeigt sich das bei der Einrichtung neuer Studiengänge, für die das Ministerium die Genehmigung versagen kann.

Lange wurde der Entwurf diskutiert. Es gab gleich zwei Anhörungen dazu im Landtagsausschuss für Bildung und Wissenschaft. 250 Änderungsanträge wurden eingebracht. Viele sind in die Novelle eingeflossen. Sie haben diesen Prozess aufmerksam begleitet. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Neuregelungen – möglicherweise Verbesserungen?

Ich möchte beginnen mit dem Zuschnitt und den Kompetenzen des Kuratoriums in der beschlossenen Fassung. Ausschließlich extern besetzt, vom Senat gewählt, vom Kultusministerium unabhängig und auf beratende Kompetenz beschränkt, ist das Kuratorium eine gute Sache. Ferner weise ich auf den Anspruch des Ministers hin, mit Verordnungen in den Bestand der Fakultäten und Studiengänge einzugreifen. Hier gibt es nun einen eindeutigen Vorrang für die Zielvereinbarungen. Nicht nur auf den Hochschulen, sondern auch auf dem Ministerium liegt ein hoher Druck für den erfolgreichen Abschluss von Zielvereinbarungen, so dass die Verordnungsermächtigung nicht in Anspruch genommen zu werden braucht.

Zielvereinbarungen als Vertragswerk zwischen Hochschulen und Land bilden ein wichtiges Element der Gesetzesnovelle. Was bedeuten sie für unsere Universität? Welche Vor- und Nachteile bringen sie?

Zielvereinbarungen sind auf einen einfachen Nenner gebracht wie folgt zu beschreiben: Das Land sichert für einen längeren Zeitraum eine bestimmte Höhe des Budgets zu und die Hochschulen verpflichten sich zu bestimmten Leistungen. Entscheidend ist dabei die Verlässlichkeit der Zusicherungen der Finanzen sowie die möglichst konkrete Beschreibung der Aufgaben, die die Hochschulen erfolgreich leisten wollen. Dies ist in Zeiten des gesteigerten Wettbewerbdrucks zwischen den Hochschulen unbedingt erforderlich.

Autonomie?

Wichtige Neuregelungen des Gesetzes sollen den Hochschulen mehr Autonomie bringen, so der Minister. Ist das wirklich so? Haben die Hochschulen Sachsen-Anhalts nun mehr Autonomie?

Auch diese Frage ist nicht eindeutig mit einem Ja oder Nein zu beantworten. Der Gesetzestext selbst schränkt die Autonomie eher ein, als dass er sie vergrößert. Aber es ist abzuwarten, wie die beiden Seiten – auf der einen Ministerium und Landtag, auf der anderen die Hochschulen – mit diesem Instrument umgehen. Insofern möchte ich mich dazu nicht abschließend äußern.

Zu harscher Kritik, nicht nur aus den Reihen der Landtagsopposition, führte der Wegfall des Konzils als ein Selbstverwaltungsorgan der Hochschulen. Der Senat und die Fakultätsräte können künftig selbst entscheiden, ob sie hochschul- bzw. fakultätsöffentlich tagen. Ein Demokratieverlust?

Was die Hochschulöffentlichkeit der Gremiensitzungen betrifft, habe ich mit dem Gesetz keine Probleme. Wir haben an der Otto-von-Guericke-Universität seit Jahren hier eine bewährte und zu keinem Zeitpunkt als defizitär empfundene Praxis. Daran wird sich nichts ändern.

Was das Konzil angeht, ist die Frage etwas schwieriger zu beantworten. Viele Hochschulangehörige hätten gern das Konzil beibehalten. Andere verweisen darauf, dass die Wirkung der Konzilversammlungen deutlich hinter der Bedeutung des Senats und der Fakultätsräte zurücksteht. Ich würde aber nicht von Demokratieverlust sprechen. Aber wir sollten darauf achten, wie die Transparenz der Entscheidungsprozesse über die Gremien hinaus in Zukunft realisiert werden kann.

Was bedeuten diese Gesetzesänderungen für die anstehenden Gremienwahlen?

Entsprechend der Senatsempfehlung vom 18. Februar 2004 können die Wahlen nicht turnusmäßig stattfinden, da die Rechtsgrundlage für die Wahl und die Einberufung des Konzils mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes entfällt. Wir müssen erst die Grundordnung an das Gesetz anpassen, um wieder handlungsfähig zu werden. Das müsste aber so rechtzeitig zu schaffen sein, dass der vom Senat in Aussicht gestellte Fahrplan für die Durchführung der Wahlen im Wintersemester 2004/2005 eingehalten werden kann.

Wichtige Festlegungen gibt es auch zu den Juniorprofessuren – Anerkennung als akademischen Qualifizierungsweg und die Tenure-Track-Regelung. Wie ist das zu bewerten?

Bei Juniorprofessuren hat sich – ganz wesentlich infolge des hartnäckigen Drängens der Otto-von-Guericke-Universität – der Gesetzgeber in letzter Minute bewegt und die Tenure-Track-Regelung zugelassen. Ich halte das für sehr wichtig, weil wir sonst in Zukunft keine Chance gehat haben würden, hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler von außen für eine Juniorprofessur an der Otto-von-Guericke-Universität zu gewinnen.

Planungssicherheit?

Es sei richtig gewesen, mit der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die bevorstehenden Reform- und Umbauprozesse im Hochschulbereich nicht länger zu warten, bekräftigte Kultusminister Olbertz, damit an den Hochschulen schnell wieder Planungs- und Handlungssicherheit einkehrten. Haben die Hochschulen nun Planungs- und Handlungssicherheit?

Das muss man skeptisch beurteilen. Die Umsetzung der Strukturbeschlüsse der Landesregierung beziehungsweise des Senats der Otto-von-Guericke-Universität vom 17. Dezember 2003 sind mit so vielen Risikofaktoren behaftet, dass man im Moment von einer Planungssicherheit nicht sprechen kann. Zudem befinden sich die Hochschulen nach wie vor im Umbruch. Niemand vermag derzeit sicher einzuschätzen, ob sich beispielsweise die Umstellung der Studiengänge auf das Bachelor- und Master-System sowie das ganze Qualitätsmanagement wirklich bewährt. Offen ist auch, was die Umstellung der Professorenbesoldung und ein hoffentlich bald eingeführter Wissenschaftstarif für die Wettbewerbssituation der einzelnen Standorte bedeutet. Auch die Frage der Studiengebühren wird nicht mehr von der Tagesordung zu verdrängen sein. Ich bezweifle ernsthaft, dass den Hochschulen in Deutschland in überschaubaren Zeiträumen wirklich Planungssicherheit ermöglicht wird.

Vielen Dank für das Gespräch.

Letzte Änderung: 21.05.2004 - Ansprechpartner: Webmaster