Herausforderungen im Hochleistungsleichtbau
Professor Dr. Michael Sinapius; Adaptiver Leichtbau
In einem gemeinsamen Berufungsverfahren zwischen der Otto-von-Guericke-Universität und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurde im November 2003 Michael Sinapius auf die Professur für adaptiven Leichtbau am Lehrstuhl für Adaptronik im Institut für Mechanik der Fakultät für Maschinenbau berufen. Beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt wurde ihm die Aufgabe als stellvertretender Direktor des Instituts für Strukturmechanik in Braunschweig übertragen.
Maschinenbauschlosser
Michael Sinapius startete seinen beruflichen Werdegang mit einer Ausbildung zum Maschinenschlosser und war anschließend fünf Jahre als Maschinist und Vorhandwerker in einem Großkraftwerk tätig. Das Studium des Maschinenbaus an der Universität Kassel schloss er nach zehn Semestern in den Schwerpunkten Technische Mechanik und Werkstoffkunde ab. Seit 1989 ist er als Wissenschaftler beim DLR und forscht dort auf dem Gebiet der Strukturdynamik, insbesondere zu experimentellen Verfahren der Identifikation und dynamischen Qualifikation großer Luft- und Raumfahrtstrukturen. 1993 reichte er an der RWTH Aachen seine Dissertation mit dem Thema Die experimentelle Umsetzung der Modalkraftsimulation verteilter dynamischer Lasten unter besonderer Berücksichtigung struktureller Nichtlinearitäten ein. Die Arbeit wurde mit der Borchers-Plakette der RWTH Aachen ausgezeichnet. Wie alle von ihm im DLR entwickelten Verfahren wurde auch diese Qualifikationsmethode an großen Luft- und Raumfahrtstrukturen eingesetzt. Mit der Modalkraftsimulation wurde der europäische Roboterarm ERA für die internationale Raumstation ISS teilqualifiziert. In mehrjährigen Forschungsarbeiten beschäftigte sich Michael Sinapius – von den Bedarfen der europäischen Raumfahrt motiviert – mit der strukturdynamischen Identifikation unter mehrachsiger Basisanregung. 1997 erhielt Michael Sinapius den DLR-Wissenschaftspreis.
Seit 1999 widmete sich der neuberufene Professor dem Aufbau einer großen europäischen Standschwingungsversuchsanlage in der Kooperation zwischen der französischen Luftfahrtforschungseinrichtung ONERA und dem DLR. Alle Neuentwicklungen von Airbus wie die gestreckten Versionen des A340 oder dem kleinsten Airbus A318 werden seitdem von diesem multi-nationalen Versuchsteam getestet. Die entstandene mobile Messanlage ist die größte Schwingungsmessanlage Europas und wird Ende dieses Jahres den neuen Airbus A380 schwingungstechnisch unter die Lupe nehmen. Für die Schwingungsuntersuchungen entwickelte Michael Sinapius neue Verfahren und Strategien zur drastischen Verkürzung der Versuchszeiten. Dem dienten auch seine mehrmonatigen Forschungsaufenthalte im NASA-Forschungszentrum Langley und bei der ONERA in Paris.
Im Institut für Strukturmechanik in Braunschweig arbeitet Prof. Sinapius jetzt mit 140 Wissenschaftlern, Technikern, Doktoranden und Studenten an den Herausforderungen im Hochleistungsleichtbau. Dazu gehören Erforschung neuer Materialien wie mit Nanopartikeln konditionierte Faserverbundwerkstoffe, die Entwicklung aktuatorischer Werkstoffe wie eingebettete aktivierbare Carbon-Nanotubes, für den Leichtbau notwendige schnelle Berechnungsverfahren der Strukturmechanik bis hin zu ganzen Sys-temlösungen für Luft- und Raumfahrtkomponenten. In der Brückenfunktion des DLR zwischen universitärer Grundlagenforschung und industrieller Anwendung arbeitet Prof. Sinapius auch in seiner neuen Funktion beim DLR wieder eng mit der europäischen Industrie zusammen und möchte die Kooperation mit der Guericke-Universität über gemeinsame Forschungsprojekte verstärken.
Den Studenten der Universität möchte Prof. Sinapius einerseits in Lehrveranstaltungen zu Fragen des adaptiven Leichtbaus und der experimentellen Modalanalyse großer Leichtbaustrukturen seine Erfahrungen aus der Großforschung und der industriellen Anwendung von Forschungsergebnissen näher bringen, ihnen andererseits aber auch anwendungsorientierte Studien-, Diplom- und auch Doktorarbeiten beim DLR anbieten.
In seiner Freizeit widmet sich Michael Sinapius der klassischen Musik. Er ist Konzertmeister in einem großen Amateursinfonieorchester, das regelmäßig auch Konzertreisen ins europäische Ausland unternimmt.