Neue Wege einer alten Wissenschaft
Prof. Dr. Hermann-Josef Rothkötter, Anatomie
Mit seiner Ernennung zum C4-Professor für Anatomie übernahm Prof. Dr. med. Hermann-Josef Rothkötter am 1. Oktober vergangenen Jahres offiziell die Leitung des Institutes für Anatomie. Seit 2002 hatte er das Institut bereits als Vertretungsprofessor geleitet.
Hermann-Josef Rothkötter studierte an der Medizinischen Hochschule Hannover. Im November 1985 erhielt er seine Approbation als Arzt. Er promovierte 1986 bei Prof. Dr. Harald Tscherne, Abteilung für Unfallchirurgie der Medizinischen Hochschule, mit einer anatomisch/biomechanischen Dissertation zur Festigkeit des Kreuz-Darmbein-Gelenkes. Diese biomechanischen Grundlagen sind heute wichtig für die Kooperationen mit der Unfallchirurgie und der Orthopädie.
Hermann-Josef Rothkötter nahm eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Anatomie-Institut von Prof. Dr. Reinhard Pabst an. In der Folgezeit beschäftigte er sich neben dem anatomischen Unterricht für die Studierenden der Medizin und Zahnmedizin mit dem Themenschwerpunkt des Institutes: der funktionellen Immunmorphologie. Dieses Arbeitsgebiet stellt eine Verbindung her zwischen der anatomisch-histologoischen Untersuchung und der Immunfunktion der lymphatischen Organe. Ein erstes von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Projekt war die Untersuchung der Regeneration von Lymphknotengewebe. Es konnte gezeigt werden, dass nach subcutaner avaskulärer Implantation Lymphknotenfragmente zu kleinen Lymphknoten regenerieren können. Ob diese Regenerate allerdings auch zur Neubildung von Lymphgefäßen führen, ist bisher nicht bekannt. Möglicherweise wäre hier ein Ansatz zur Therapie von Lymphgefäßerkrankungen, insbesondere dem Lymphödem.
Das wissenschaftliche Hauptinteresse von Professor Rothkötter ist das Darmimmunsystem. Die Anpassungen der Darmimmunfunktion während der Zeit nach der Geburt und die Entwicklung von Immunantworten nach Stimulation des Darmes durch Bakterien und andere Antigene waren und sind seine beiden Hauptarbeitsgebiete. Der Darm muss sich mit einer Vielzahl von Bestandteilen aus der Nahrung (Nahrungsantigene) und mit Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze) auseinandersetzen. Dabei sorgt das Immunsystems der Darmschleimhaut dafür, dass Nahrungsbestandteile aufgenommen werden ohne eine allergische Reaktion. Gegenüber den Mikroorganismen findet eine Abwehr statt – sie werden inaktiviert und entfernt. Wie das Darmimmunsystem die Darmflora, so genannte kommensale Bakterien, erkennt und für sie die Abwehrreaktion unterbindet, ist eine ebenfalls offene Frage. Die Grundlagen für diese verschiedenartigen Immunantworten finden sich in den lymphatischen Geweben der Darmwand – hier wirken Lymphozyten und dendritische Zellen gemeinsam zur Induktion der Immunreaktionen.
DFG- und EU-gefördert
Die Forschungsarbeiten wurden seit 1991 von der DFG im Hannoverschen Sonderforschungsbereich 280 "Gastrointestinale Barriere" unterstützt, seit 1994 bis zum Ende dieses SFB im Jahr 2001 war Professor Rothkötter dort Projektleiter. Seit 2001 werden seine Arbeiten auch durch die Europäische Union im 5. Forschungsrahmenprogramm als Projekt "Healthypigut" gefördert.
Neben der Immunologie hat Prof. Rothkötter sich mit Methoden und Evaluation der anatomischen Lehre beschäftigt, er war an nationalen und internationalen Publikationen zum Thema beteiligt. Im Mai 1994 wurde ihm an der Medizinischen Hochschule Hannover die Venia legendi für das Fach Anatomie erteilt. Die Anerkennung als Facharzt für "Anatomie" erfolgte im Frühjahr 1998 durch die Niedersächsische Ärztekammer.
Während seines dreimonatigen Forschungsaufenthaltes im Frühjahr 1999 als "Visiting Fellow" an der Faculty of Medicine, University of Bristol, Großbritannien, legte Professor Rothkötter die Grundlagen für die Anwendung der Molekularbiologie in seiner Arbeitsgruppe.
Ab Mai 2002 übernahm Hermann-Josef Rothkötter dann die Vertretung der C4-Professur für Anatomie an der Medizinischen Fakultät der Universität in Magdeburg bis zu seiner Berufung auf diese Professur Ende April 2003. Das Magdeburger Institut für Anatomie stellt sich ihm als attraktives Arbeitsumfeld dar: hohe Anerkennung der anatomischen Lehre in der Fakultät, Integration der Anatomie in die Weiterbildungsprojekte der Kliniken und besonders die Einbindung der immunologischen Forschung in die Infrastruktur der Fakultät und das Forschungszentrum Immunologie.