Kultursommer in der Elbestadt
Wald auf dem Domplatz, Alpenidyll in Bukau und windige Investoren in der Kulturfestung
Der diesjährige Magdeburger Kultursommer machte Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt um ein Vielfaches attraktiver. Mitten in der Stadt – Beachfeeling, Wasser, Sand und coole Drinks. Von Juni bis September gab es an den schönsten Plätzen der Stadt Theater. Keine Spur von Kulturtristesse. Im Gegenteil. Ob der romantische Innenhof des Puppentheaters in Buckau, der Domplatz mit der imposanten Kulisse des Doms und den restaurierten Barockbauten, der Garten der Möllenvogtei am historischen Fürstenwall, das Flussbettufer der Elbe am Werder oder die FestungMark – Magdeburg war Kulisse und Spielort für ungewöhnliches, anregendes, bewegendes, witziges und entspannendes Theater. Dass die meisten der Aufführungen ausverkauft waren, spricht für die Qualität und das Kulturbedürfnis von Jung und Alt und bestätigte die Statistik, dass in Sachsen-Anhalt deutschlandweit die meisten Menschen ins Theater gehen.
Shakespeare im Doppelpack
Das "schauspiel freie kammerspiele magdeburg" brachte als "Aussteiger"-Komödie, frech laut und aktionsreich inszeniert, William Shakespeares Wie es euch gefällt auf die Bühne. Mitten auf dem Domplatz "wuchs" für vier Wochen ein echter "Ardennen-Wald" mit richtigen Schafen (Publikumslieblinge) als eine ideale Szenerie für die Liebes- und Verwechslungsspiele junger Leute und reicher Müßiggänger. Drumherum eine Art "Woodstock"-Aussteigercamp mit FlowerPower-Flair und vielen (kulinarischen) Überraschungen (einschließlich einem Big-Brother-Szenario für Aussteiger). Bei soviel Trubel blieb zuweilen das Shakespeare-Stück auf der Strecke.
Dafür bot die freie Theatergruppe POETENPACK e.V. im romantischen Möllenvogteigarten in einer zauberhaften Szenerie mit Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare tolles Komödientheater mit exzellenten Schauspielern – ein einziges Naturschauspiel voller Poesie.
Alpenpanorama und Elbufer
Das Magdeburger Puppentheater präsentierte für das diesjährige "Hofspektakel" etwas Überraschendes. Mitten in Buckau gab es Urlaubsidylle mit Alpenpanorama, Wolfgangsee, Zitherspiel, Jodelkurs und alpenländischen Spezialitäten. Das Singspiel Im weißen Rössl mit Puppen und Menschen wurde zu einem umjubelten nostalgischen Erlebnis nicht nur für Operetten-Freunde. Die ganze fantastische Wunderwelt des Puppenspiels und die Nutzung der europaweit einmaligen technischen Möglichkeiten des umgebauten Puppentheaters machten das Sommertheater zu etwas ganz Besonderem.
Sensationell auch in diesem Jahr das Sommertheater des einzigen Privattheaters Sachsen-Anhalts in der Theatervilla (Zollstraße 19). Das "Theater an der Angel" spielte in einem Bootsschuppen am Flussbettufer der Elbe. Die Flussbettler-Oper nach Rainer Werner Fassbinder war atemberaubendes Spiel auf einem Floß, in einer Badewanne, in einem Schlauchboot. Kaum eine Chance, eine Karte zu bekommen. Binnen kürzester Zeit waren alle 35 Vorstellungen auch wegen des Vorprogramms mit vielen Überraschungen, einschließlich einer "Spielhalle" mit nostalgischen Automatenspielen ausverkauft. Unglaubliche szenische Einfälle und ein Spiel auf dem Wasser, über dem Wasser, mit Musik. Und einfallsreich mit großem Enthusiasmus (Muskelkraft versus Verschlammung des Elbufers) trotzten die Mimen auch dem niedrigen Pegel der Elbe.
Theater auch in der FestungMark ganz in der Nähe des Universitätscampus. Das preußische Gemäuer selbst war hier im Stück "Objekt" windiger Investoren, die im Bündnis mit korrupten Politikern der FestungMark, der Elbe und dem Rotehornpark zu Leibe rücken wollten. Ein spannendes, amüsantes Stück mit viel Lokalkolorit. Ein bisschen Politkrimi, Mysterienspiel (mit Luzifer, Engel, Tod und einer Elbnixe) und Comedy. Dazu gab es Feuerwerk und eine Führung durch das preußische Gemäuer der im 19. Jahrhundert als Teil der Stadtbefestigung gebauten Kasernenanlage, die als "Kulturfestung" weiter ausgebaut wird.
Und dann gab es noch belichtungszeit: 1200 – eine cineastische, multikulturelle Performence an sechs Orten der Stadt mit ihren Bezügen zur 1200-jährigen Stadtgeschichte. Das "Kloster unser lieben Frauen", der Garten der Möllenvogtei, das Gelände der Fachhochschule, die Leiterstraße und das Elbufer als Orte, an denen mit Film, Musik, Vorträgen und Gesprächen Geschichte lebendig wurde. Dem Kulturverein ARTist e. V., der den ganzen Sommer im Moritzhof auch für das besondere Sommerkino, für Jazz und Folk sorgte, gelang hier ein wirkliches Highligth dieses Kultursommers mit großer Publikumsresonanz. Was für ein Sommer in Magdeburg!