Städte erleben und vergleichen
Deutsch-polnisches Begegnungsseminar zu Stadtentwicklung, Stadtpolitik und Städtevergleich
Auch in diesem Jahr fand der mittlerweile traditionsreiche Deutsch-polnische Studentenworkshop ("Begegnungsseminar") der Soziologischen Institute der Universitäten Lodz und Magdeburg statt, der von der Landeszentrale für Politische Bildung Sachsen-Anhalt und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (Ostpartnerschaftsprogramm) finanziell gefördert wurde. Anfang des Sommers 2004 diskutierten in Magdeburg unter Leitung von Jun.-Prof. Raj Kollmorgen und Prof. Eckhard Dittrich 27 Studierende das Thema: Stadtentwicklung – Stadtpolitik – Städtevergleich. Im Unterschied zu den vorangegangenen Jahren waren diesmal auch Studierende der Universität Wroclaw beteiligt, die zusätzliche Ansichten, Vergleichsmöglichkeiten und Erkenntnisse in den Workshop einbrachten.
Arbeitsgruppen
Im Rahmen des Workshops wurden vier "binationale" Arbeitsgruppen gebildet: 1. Sozialstruktur, soziale Ungleichheit und Migration, 2. Hochschulstrukturen und ihre aktuellen Herausforderungen, 3. neue Stadt und Imagepolitik sowie 4. Kunst und neue Kulturen im öffentlichen Raum.
In diesen Arbeitsgruppen wurden die durchgeführten Recherchen, Literaturstudien, aber auch Ergebnisse eigener kleinerer Forschungsprojekte (z.B. Umfragen unter Studierenden) ausgetauscht, in eine interkulturelle Vergleichsperspektive gestellt und zu multimedialen Präsentationen verdichtet.
In Ergänzung der Gruppenarbeit bot der Workshop eine Reihe interessanter Informations- und Diskussionsmöglichkeiten, die zugleich dazu dienten, den polnischen Gästen Magdeburg näher bekannt zu machen. So besuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Magdeburger Rathaus. Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper gab einen Einblick in die Geschichte, Gegenwart und Zukunft Magdeburgs; drei Magdeburger Stadträte ergänzten seine Ausführungen und standen für eine Diskussion zur Verfügung. Es war auch möglich, das traditionsreiche Schwermaschinenbauunternehmen SKET MAB kennen zu lernen, wobei die beiden Geschäftsführer nicht nur die Anlagen, technologischen Abläufe und Produkte des Unternehmens erläuterten, sondern sich im Anschluss an die Führung auch den Fragen der Studierenden stellten. In beiden Runden waren Probleme der Mitbestimmung bzw. Bürgerbeteiligung, der Wirtschaftspolitik und der Folgen der EU-Osterweiterung zentrale Diskussionsfelder.
Nachdem Prof. Wolfgang Renzsch vom Institut für Politikwissenschaft unserer Universität das Problemfeld der Kommunalfinanzen im bundesdeutschen Steuersystem unter europäischer Perspektive erläutert hatte, fand noch eine selbst organisierte Stadtführung durch Magdeburg unter historischen und stadtplanerischen Aspekten statt. Prof. Mathias Tullner vom Institut für Geschichte sowie Heinz-Joachim Olbricht vom Magdeburger Stadtplanungsamt waren dabei sachkundige Begleiter, die auch für die Einheimischen noch Geheimnisse lüften und neue Blicke auf die Stadt vermitteln konnten.
Der Höhepunkt des Workshops war das abschließende Plenum, auf dem die vier Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse präsentierten. Unter Nutzung vielfältiger Quellen und multimedialer Präsentationsformen diskutierten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen historische Pfade, aktuelle Probleme und Entwicklungstendenzen sowie Zukunftsszenarien der drei Städte. Dabei wurden teils erstaunliche Nähen erkennbar, etwa im Bereich der Stadterneuerung und städtischen Architektur zwischen Lodz und Magdeburg (nicht zuletzt in Rückschau auf ihre industrielle Vergangenheit), aber auch Differenzen, etwa in der demographischen Struktur, im öffentlichen Kunst- und Kulturbetrieb oder auch im universitären Bildungsbereich. Während einige Differenzen als Resultat der unterschiedlichen Stadtgrößen identifiziert wurden – Wroclaw besitzt dreimal mehr Einwohner als Magdeburg –, diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwa bezüglich der Altersstruktur die These, ob die polnischen Städte nicht bald Magdeburger Entwicklungen folgen werden. In diesem Kontext wurden generell stärkere Konvergenzen zwischen Polen und Deutschland nach der EU-Osterweiterung debattiert.
Alle Beteiligten waren sich einig, die Workshopserie fortzusetzen und sich im kommenden Jahr in Wroclaw zu treffen. Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften können bereits jetzt ihr Interesse an einer Teilnahme anmelden.