Fit für Emissionsrechtehandel
Unternehmer und Manager trainieren
Der Beginn des EU-weiten Handels mit Rechten zum Ausstoß von Kohlendioxid rückt näher. Ab 1. Januar 2005 soll es losgehen. In Sachsen-Anhalt werden 63 Unternehmen davon betroffen sein. Dann dürfen große Teile der Energiewirtschaft und der Industrie nur noch CO2 in die Luft abgeben, wenn sie dazu über die notwendige Zahl von Emissionsrechten verfügen. Wer seinen Ausstoß verringert, kann in gleichem Maße seine Rechte europaweit verkaufen. Umgekehrt muss jedes Unternehmen, das mehr emittiert zusätzliche Rechte erwerben. Um die Firmen in Sachsen-Anhalt dafür fit zu machen, hat sich eine Umweltallianz, der auch die Otto-von-Guericke-Universität angehört, gebildet. Auf insgesamt fünf Fachtagungen, mitorganisiert durch den Lehrstuhl Volkswirtschaftslehre, insb. Wirtschaftspolitik, wurden Manager und Geschäftsführer mit dem nötigen Rüstzeug versehen.
Künstliche Börse
Im November 2004 nahmen sie an einem Experiment teil, dass den Handel mit CO2-Emissionsrechten simuliert. Prof. Dr. Joachim Weimann, Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, ist davon überzeugt, dass sich der Handel zukünftig auf elektronischen Märkten abspielen wird. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Bodo Sturm und in enger Kooperation mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Sachsen-Anhalt hat er eine Art Simulator entwickelt, mit dem die Manager üben können, sich auf diesem neuartigen Markt zurechtzufinden. Im Internet haben die Wissenschaftler eine künstliche Börse für Verschmutzungsrechte abgebildet, in der die Unternehmen das Kaufen und Verkaufen von so genannten Zertifikaten trainieren können. Deutsche Unternehmen werden zu den Käufern auf dem Emissionsrechtemarkt zählen, ist sich Professor Weimann sicher.
Beim Bundesumweltamt hatten Firmen auf der Grundlage von EU-Richtlinien für bundesweit 2300 Anlagen die Zertifikate für den CO2-Ausstoß beantragt. Zugewiesen werden sie auf der Basis der Emissionen der Jahre 2000 bis 2002. Die enormen Umweltinvestitionen ostdeutscher Unternehmen in den zurückliegenden Jahren werden bei der Zertifikatvergabe nicht berücksichtigt. Das bedeutet, dass die Betriebe die in Klimaschutzmaßnahmen investiert haben zu wenig Emissionsrechte erhalten. "Hat eine Firma nun wenig in Klimaschutz investiert und einen hohen CO2-Ausstoß, werden ihr mehr Rechte zugewiesen. Somit wird sie dafür auch noch belohnt", schlussfolgert Erik Köhler, Referent für Klimaschutz im Umweltministerium. Die Erstzuteilung von Emissionsrechten verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, waren sich die neuen Bundesländer einig und reichten eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht ein.
Neben dem Training für die Unternehmensvertreter erwarten die Magdeburger Forscher von diesem Marktexperiment auch handfeste wissenschaftliche Erkenntnisse, die in das DFG-Projekt zu Eigenschaften von elektronischen Märkten beim Handel mit Rechten zum CO2-Ausstoß einfließen. Beobachtet werden vor allem das Preisverhalten und der Einfluss von Monopolisten auf den Handel. Erste Experimente mit Studierenden und Managern zeigten, dass die Käufer, egal welcher Klientel sie angehören, nur all zu bereitwillig die Rechte auch zu einem hohen Preis erwerben und nur wenige auf niedrigere Preise warteten oder durch verhaltenen Kauf möglicherweise sogar die Preise drücken.