Perfektion nur durch Übung
Kammersänger Theo Adam unterrichtete im Meisterkurs
50 junge Musiker, Instrumentalisten und Sänger aus Deutschland, Korea, China, Italien und Japan waren Teilnehmer des 9. Magdeburger Meisterkurses, der vom Institut für Musik unserer Universität veranstaltet wurde. Unter den Meisterinterpreten, die die Kurse in Violine, Klavier, Gitarre und Gesang leiteten, war auch Kammersänger Prof. Theo Adam, der zu den berühmtesten Sängerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts gehört. Mit 78 Jahren hat er sich beneidenswert Frische, Jugendlichkeit und Humor bewahrt. Er wirkt konzentriert, freundlich-bestimmt, akribisch-genau beim Zuhören, leidenschaftlich beim Erklären. Er lobt, macht Mut, motiviert, die "eine Stelle" im Vortrag noch einmal zu wiederholen.
Man erlebte hier in der Meisterklasse "Gesang" den Heldenbariton einmal ganz anders: Als einfühlsamen Gesangspädagogen, der mit Blick auf sein Alter von seinen legendären großen Bühnenrollen in den Opern von Richard Strauss und Richard Wagner Abschied genommen hat, obwohl er als Ehrenmitglied der Semperoper Dresden noch weiter auf der Bühne steht. Im nächsten Jahr ist er zu den Salzburger Festspielen zu einem Liederabend eingeladen.
104 Opernpartien hat Theo Adam seit seinem Debüt im Jahre 1949 gesungen; in mehr als 30 Jahren bei den Bayreuther Festspielen alle großen Wagner-Rollen. Auf mehr als 150 Schallplatten- und CD-Einspielungen mit Opern, Oratorien und Liedern vor allem von Strauss, Schubert und Wolf kann er verweisen und aus der "Werkstatt eines Sängers" hat er von 1981 bis heute fünf Bücher geschrieben. "Ein Grund, dass ich sofort zum Magdeburger Meisterkurs ,Ja' gesagt habe ist, dass ich von meinen Erfahrungen eines erfüllten Sängerlebens dem Nachwuchs etwas weitergeben will", sagt Theo Adam im Gespräch. "Ich finde es wichtig, dass ein universitäres Institut sich mit dieser Kontinuität um die Fortbildung des an Opernhäuser oft vernachlässigten sängerischen Nachwuchses kümmert und im Meisterkurs auch Gelegenheit für den öffentlichen Auftritt in einem eigenen Konzert der Kursteilnehmer besteht", hebt der Sänger hervor und bedauert sehr, dass das Institut für Musik in Magdeburg geschlossen wird.
Fünf seiner Schülerinnen und Schüler der Meisterklasse zeigten im Teilnehmerkonzert Proben ihres erstaunlichen sängerischen Könnens. Die junge Anne Preuss hat das berühmte Klagelied Höre, Israel aus dem Oratorium Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy einstudiert. Immer wieder lässt im Probenunterricht Prof. Theo Adam die eine Stelle wiederholen, fordert genaue Textartikulation. Die Sängerin repetiert wieder und wieder die Stelle, artikuliert jedes Wort bis der Lehrer mit "Das ist jetzt gut so!" lobt. Für ihn, der als Opern-, Oratorien- und Liedsänger vor allem wegen seiner großen Textverständlichkeit und Intensität der Rollengestaltung hochgelobt wird, ist die Sprache beim Singen etwas ganz Wichtiges. "Diese Perfektion kann man nur durch Unterricht, durch Üben erreichen und das eigentlich immer, ein ganzes Leben lang", sagt der Sänger und verweist auf seinen Gesangslehrer Rudolf Dittrich, der ihn viele Jahre betreute.
Theo Adam findet Magdeburg reizvoll, erinnert sich an Gastspiele in der Bördelandhalle, ist begeistert vom Bau des "Hundertwasserhauses". Dass er im Februar 2005 auf Einladung des Magdeburger Richard-Wagner-Verbandes und der Erich-Weinert-Universitätsbuchhandlung zu einer Lesung aus seinen Büchern wieder nach Magdeburg kommen wird, freut den großen Sänger ganz besonders. "Die Atmosphäre, die Freundlichkeit, die perfekte Organisation des Meisterkurses an der Universität und das Flair der Stadt haben mich beeindruckt", sagt er und das muss man dem sympathischen Weltstar einfach glauben.