Alles Stress, oder was?
2. Magdeburger Tag der Erziehung
Zum "2. Magdeburger Tag der Erziehung" hatte das Institut für Biologie der Fakultät für Naturwissenschaften Mitte Mai 2005 eingeladen. Die von der gemeinnützigen Hertie-Stiftung und der Neurowissenschaftlichen Gesellschaft e.V. finanziell unterstützte Veranstaltung informierte Lehrer der verschiedenen Schulformen, Erzieher und Eltern über neuere Erkenntnisse zur Thematik "Neurobiologie von Stress und Vulnerabilität für psychische Erkrankungen". Im Rahmen einer wissenschaftlichen Kooperation zwischen den beteiligten Arbeitsgruppen konnten auch drei Wissenschaftler von der Berliner Charité für Vorträge gewonnen werden. Dass alle Referenten mit ihren Beiträgen zu diesem spannenden und aktuellen Thema das Interesse einer breiten Öffentlichkeit trafen, machte die Anmeldung von fast 130 Teilnehmern aus ganz Sachsen-Anhalt und die Präsenz von Vertretern lokaler Rundfunkanstalten deutlich.
Forschung am Menschen
Im ersten Teil der Veranstaltung standen Ergebnisse aus der Forschung am Menschen im Mittelpunkt. Einführend machte Dr. Torsten Weiß vom Institut für Anatomie der Charité in sehr anschaulicher Weise mit den "Grundlagen zur Neuroanatomie des Stress-Systems beim Menschen" vertraut. Darauf aufbauend wurden dann in den nächsten beiden Vorträgen klinische Diagnose- und Behandlungsmethoden aus der Stressforschung vorgestellt. Zunächst verdeutlichte Prof. Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité, in einem fesselnden Vortrag die Bedeutung von Stresserfahrungen für die "Vulnerabilität für psychische Störungen – Hypothesen zur Krankheitsentstehung". Dabei konnte der Referent auf einen breiten Fundus von Ergebnissen aus der eigenen Forschung zurückgreifen und zeigte dadurch, dass unser Verständnis für bestimmte psychische Erkrankungen wie z.B. die Schizophrenie stetig wächst. Allerdings liegt hier auch noch vieles im Dunkeln und bedarf daher weiterer Forschung. Auf mögliche Ursachen der Entstehung der Schizophrenie ging dann Dr. Christine Winter von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité ein und erläuterte, dass neben einer genetischen Komponente auch frühkindliche traumatische Erlebnisse als Risikofaktoren für diese Erkrankung angesehen werden. Die von ihr angesprochenen Tiermodelle zur experimentellen Untersuchung dieses Krankheitsbildes leiteten dann auch zum zweiten Teil der Veranstaltung über.
Forschung am Tier
Prof. Katharina Braun, geschäftsführende Leiterin des Institutes für Biologie der Universität Magdeburg, verdeutlichte sehr anschaulich anhand eigener tierexperimenteller Daten, dass Stresserfahrungen insbesondere in der frühen postnatalen Entwicklung einen starken Einfluss auf die neuronalen Netzwerke der Zentren des Gehirns ausüben, mit denen wir Emotionen steuern und mit denen wir lernen und Gedächtnisinhalte abspeichern. Dass Stress nicht nur ein Risikofaktor, sondern in gewissem Maße sogar notwendig für die Bewältigung von Lebenssituationen und für Lern- und Gedächtnisprozesse ist, verdeutlichte Dr. Michael Gruß, Leiter der Arbeitsgruppe "Neurochemie und Entwicklung des Verhaltens" am Institut für Biologie, im abschließenden Vortrag anhand neuerer Forschungsergebnisse.
Alle Vorträge lieferten ausreichend Stoff für eine sehr lebhafte und engagierte Diskussion, die sich im Auditorium entspann. Der Enthusiasmus der Teilnehmenden legt nahe, den "3. Magdeburger Tag der Erziehung" für das Jahr 2006 zu planen, dann zeitgleich mit den weltweit stattfindenden neurowissenschaftlichen Informationstagen im Rahmen der "Brain Awareness Week".