Mit „Muttilein" in die Politik
Ab- und Zu-Stimmung – Eine WAHLpurgisnacht in der Zwickmühle
Hans-Günther Pölitz' Muttilein hat viele Fragen zur Wahl und dem Was-ist-nach-der-Wahl? Sie drängt mit weiblichem Chic in emanzipatorischer Absicht zur Verblüffung ihres Mannes in die (politische) Öffentlichkeit, will sogar für den Bundestag kandidieren. Wahlkampf der Parteien, Politikerversprechen und Parteiengerangel um Wählergunst vor der Wahl bestimmen fortan auf der Bühne der "Magdeburger Zwickmühle" die "Szenen einer Ehe" und den politisch-satirischen Sparring zwischen Hans-Günther Pölitz und seinem Muttilein. Sie ist ansonsten (stumme) Partnerin in der Wochenend-Radiokolumne des Star-Kabarettisten am Frühstückstisch.
Endlich ein Gesicht
In dem neuen Programm hat dank des dramaturgischen Geniestreichs von Regisseurin Regina Pölitz Muttilein (endlich) ein Gesicht und verschafft sich selbstbewusst mit ihren politischen Ansichten, mit Temperament und einer (Wahnsinns-)Stimme Gehör und Respekt. Marion Bach ist Muttilein und tritt in dem neuen Programm "Ab- und Zu-Stimmung – eine WAHLpurgisnacht" als Partnerin von "Zwickmühlen"-Barde Hans-Günther Pölitz in die Fußstapfen von Lothar Bölck. Und das nicht nur mit Charme und weiblicher Power, sondern auch mit großem Erfolg.
Ihr Debüt als Kabarettistin in der "Zwickmühle" wurde von Anfang an getragen von einer Welle der Sympathie, die das Publikum diesem nur 1,60 großen Temperamentsbündel entgegenbrachte. Dabei ist das Geheimnis des neuerlichen Erfolgs eines politisch-satirischen Programms von und mit Hans-Günther Pölitz eine andere Dimension des sich im Duo Pölitz/Bölck bewährten Partnerduells als Form einer satirischen Abendunterhaltung.
Musikalisches
Sie liegt neben den bewährten Formen und Stilmitteln der brillanten Wortspiele, der Neu- und Umdeutungen von Begriffen aus der politischen (Alltags-)Sprache und auch so manchem witzigen Kalauer vor allem im Musikalischen des Programms. Hier setzen beide Kabarettisten neben der oft verblüffenden Dialektik der Argumentation und der satirescharfen Analyse bestehender und künftiger Zu- und Umstände in Deutschland Glanzpunkte des Programms.
Marion Bach bringt es mit dem Walter-Kollo-Couplet Ach Gott, was sind wir Wähler dumm auf den (satirischen) Punkt und singt aufwühlend, trotzig und nachdenklich stimmend ihren Frust über die Diskriminierung der Frauen ins Publikum: Unterschätzt mich nicht! Sie begleitet Pölitz am Piano bei seinem hinreißenden Otto-Reutter-Couplet Nu' jrade nich. Als Autoschlosser und jetziger mobiler Ein-Euro-Jobber Arzt auf Rädern diagnostiziert und therapiert Hans-Günther Pölitz in einem hinreißenden Solo inmitten des Publikums, als wenn er ein Auto zur Durchsicht hat.
Das temporeiche Programm lässt Politiker aller Parteien zu Wort kommen. Sie werden mit ihren eigenen Argumenten treffsicher geschlagen. Im Rede-Duell zwischen Pölitz und Muttilein geht man mit Spott und kritischer Distanz ihren (Wahl-)Versprechen auf den Grund, zitiert Marx, Jesus und findet bei Heinrich Heine Antworten. Muttilein Marion Bach treibt mit (gespielter) Naivität manchmal ihr Spiel mit Pölitz, verführt ihn zu Erklärungsversuchen des Unmöglichen im Wahlkampf und quittiert diese nicht nur mit Zustimmung und Gegenrede, sondern mit einem fast schelmischen Lächeln und so manchem verblüffenden Konterschlag.
Die beiden auf der Bühne so in ungewohnter Qualität schauspielernd zu erleben, ist in allem ein Erlebnis. Und wenn Marion Bach, hessisch babbelnd, als Büttenrede Wahlkampf betreibt und Pölitz dies mit dem Narhalla-Marsch beifallsumrauscht skandiert, hat sich Marion Bach gänzlich in die Herzen der Zuschauer gespielt. Zum Finale singen sie beide (hoffnungslos) optimistisch nach Friedrich Hollaender Rein mit den Könnern in den Reichstag als Motivation für alle Erst-, Jung- und "Alt"-Wähler. Und auch sonst war und ist dieses Programm vor und nach der Wahl mehr als meinungsbildend für jeden politisch vernünftig denkenden Menschen. Und das ist gut so!