Brennend heiße Materialprüfung

09.11.2005 -  

Hochtemperaturanlage ermöglicht Druck-, Biege- und Zugversuche

Eine individuell ausgestattete Hochtemperaturanlage zur Materialprüfung, gebaut von der Firma Zwick, wurde im Sommer am Institut für Werkstofftechnik und Werkstoffprüfung in Betrieb genommen. Sie ermöglicht Druck-, Biege- und Zugversuche bei Temperaturen bis 1200 °C. Die meisten metallischen Werkstoffe glühen hell, "verbrennen" (d.h. oxidieren) bei derartig hohen Temperaturen und bilden spröde Oxide. Dies zu verhindern, wird die Probe während des Versuchs mit einem Schutzgas, mit Argon, umspült.

Berufungszusage

Mit der Anschaffung dieser 200000 Euro teuren Anlage im Rahmen der Hochschulbauförderung wurde eine Berufungszusage für Prof. Dr. Martin Heilmaier, Professur Werkstoffprüftechnik, realisiert. Er erforscht vor allem metallische Hochtemperaturwerkstoffe für Anwendungen in den Bereichen Automobilbau, Luft- und Raumfahrt. Das Spektrum der untersuchten Werkstoffe reicht von Aluminiumlegierungen für Automobilzylinderköpfe (ca. 300 °C), die im Rahmen des Exzellenzschwerpunktes Automotive geprüft werden, über Nikelbasissuperlegierungen (1000 °C) bis hin zu Molybdänmatrix-Verbundwerkstoffen (1300 °C), die beide in der Luft- und Raumfahrt Anwendung finden.

Zwei Besonderheiten

Die Prüfanordnung in der neuen Anlage weist zwei Besonderheiten auf. Erstens: Um auch Zugversuche bei Raumtemperatur durchführen zu können, kann mit einer speziellen Schienenführung die komplette Hochtemperaturprüfeinrichtung aus dem Prüfraum geschoben werden. Zweitens: Zur hochgenauen Verformungsmessung bei Druck- und Biegeversuchen ist ein Hochtemperaturextensometer unterhalb des Prüfraums eingebaut. Für Zugversuche unter Hochtemperatur wird ein baugleiches System seitlich an die Probe gebracht.

Derzeit arbeiten der Werkstoffwissenschaftler Professor Heilmaier und sein Team in einem von der EU geförderten Projekt an so genannten Metallmatrix-Verbundwerkstoffen. Die mechanischen Eigenschaften dieser Werkstoffe sollen in einem Temperaturbereich zwischen Raumtemperatur und Anwendungstemperaturen von bis zu 1200 °C charakterisiert werden. Diese enormen Temperaturschwankungen können beispielsweise bei Turbinenschaufeln, die bei sehr hohen Temperaturen betrieben werden, beim Abschalten aber wieder abkühlen, auftreten. In einer bereits am Institut vorhandenen Anlage kann das Werkstoffverhalten bei derartigen Temperaturschwankungen simuliert werden.

Die Studentin Anja Dehler nutzt als eine der ersten die neue Versuchsanlage. Sie arbeitet mit an der Konfiguration der Prüfeinrichtung und führt Versuche für ihre Diplomarbeit "Kriechen einer Aluminium-Silizium-Kupfer-Gußlegierung" durch, die von der Porsche AG gefördert wird. "Wir sind offen für derartige Industriekooperationen und freuen uns auf spannende Forschungsaufgaben aus der Praxis", unterstreicht Professor Heilmaier.

Letzte Änderung: 09.01.2006 - Ansprechpartner: Webmaster