Das Zukünftige durchdacht und erkundet
Menschen aus unterschiedlichen Aufgabenfeldern diskutierten über eine aktive Gestaltung der Zukunft
Welche Rolle können die Menschen in einer globalisierten Wirtschaft und Arbeitswelt einnehmen? Wie können wir auf die Anforderungen der Zukunft reagieren? Die Antwortsuche auf solche Fragestellungen war Ziel des internationalen Kongresses inter-aktion-zukunft][Kultur Bildung Technik Ende September 2005. Veranstalter waren die Stadt Magdeburg, der Studiengang KWL][cultural engineering an der Universität und die Gesellschaft für Kulturwissenschaft e.V.
Die Beginnlosigkeit
Im Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, interessierter Öffentlichkeit und Studierenden wurde das Zukünftige durchdacht und probeweise erkundet. In mehr als 20 Arbeitsgruppen sind Ideen zusammengetragen und mögliche Umsetzungen diskutiert worden. Wie im Workshop "Futurologie der Denkfabriken: zur Funktion von Think Thanks" festgestellt, gibt es eine Menge guter Ideen, doch besteht das Problem der "Beginnlosigkeit", wie Dr. Martin Kiel von der Douglas Holding erläuterte. Die Ideen sind da, doch wer macht den ersten Schritt zur Umsetzung? Ein gelungenes Beispiel für einen solchen Schritt bot der Workshop "Unternehmen – Hochschulabsolventen – Unternehmensgründungen". Das Projekt wurde im entsprechenden Workshop mit der Strategie des "Idea Engineering" angegangen. Dabei zeigte sich, dass Ideen durchaus gezielt zu produzieren sind. Die "industrielle Ideenproduktion" selbst ist auf dem Weg zu einer Unternehmensgründung und wird sich demnächst als Ideenfabrik "Zephram" aus der Universität Magdeburg ausgründen und einen Standort im zukünftigen Wissenschaftshafen haben. Der Workshop "Eventlogistik – Eventkultur" hatte sich die Aufgabe gestellt, studentische Sportprojekte und
-ideen auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen und diese dann mit dem nötigen logistischen Know-how umzusetzen. So wird ermöglicht, dass die Universität einen strukturellen und langfristig tragenden Beitrag zur Eventkultur der Stadt leistet. In den Arbeitsgruppen aus dem Bereich Bildung konnte ein Perspektivenwechsel festgestellt werden. In den Workshops "Erfolgreiche Bildungsorganisationen: eine Frage des richtigen Designs" und in "Schule anders: Futurum" wurden die Stellenstruktur, die Zeiteinteilung und das Curriculum der Schule überdacht und Alternativen formuliert. Ein diskutierter Weg: Lehrer gehen als Praktikanten in Wirtschaftsunternehmen, um einen engeren Realitätsbezug entwickeln zu können. Hans Ahlenius, Mitbegründer der "Futurum-Schule" in Habo, Schweden, meinte, dieses Schulmodell könnte sowohl die Leistungsfähigkeit aller Schülern verbessern helfen als auch dazu beitragen, Schulen durch intelligente Integration von Schulformen und von schulformübergreifenden, jugendbezogenen Aufgaben selbst da wirtschaftlich zu betreiben, wo heute Schulen geschlossen werden.
Die Arbeit in den Workshops wurde von verschiedenen Vorträgen angeregt. Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz, Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt, sprach über das Problem, das Lehren und Lernen in den Schulen am Entstehen von Kompetenzen der Schüler zu orientieren und votierte für ein neues Nachdenken über Form und Inhalt eines dafür denkbaren gemeinsamen Kanons an Wissensbeständen.
Dr. John Tomlinson, Professor für Kulturwissenschaft an der Universität Nottingham, England, zeigte in seinem Vortrag, wie sich unser Umgang mit der Zeit verändert hat. Aus dem Verlangen nach Geschwindigkeit, oft auch gleichgesetzt mit Fortschritt, wird bei nicht wenigen Menschen das Bedürfnis nach Unmittelbarkeit und unverzüglicher sowie gleichzeitiger Beantwortung von Impulsen und Interessen. Das wird durch Technologien gestützt und die Frage ist, welche kulturellen Werte das betont oder auch neu hervorbringt. Die Londoner Künstler Philip Courtenay und Peter Hatton zeigten u.a. am Beispiel Liverpools, wie Raum und Leben in städtischen Entwicklungsprojekten aufeinander wirken und wie sich das mit künstlerischen Mitteln darstellen lässt.
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Auf den Internetseiten zum Kongress und in einer geplanten Buchpublikation sollen die Ergebnisse und im Laufe des Kongresses erdachten Ideen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Der Kongress wird so hoffentlich mehr sein als "nur" ein Anstoß zum Austausch und zum ideenbefördernden Gespräch, er wird vielmehr auch zu neuen Kooperationsbeziehungen und deren praktischem Tun beitragen. Als zweiter Interaktions-Kongress des Studiengangs "Cultural Engineering" setzt er damit die Anstiftung zu mehr Inter-Aktion fort und betreibt das, was Cultural Engineering als Programm verfolgt: Disziplinen genauso miteinander ins Gespräch und aktive Tun zu bringen, wie Theorie und Praxis.