Wie Gehirne laufen lernen
Wissenschaftliche Leistungen auf akademischem Festakt gewürdigt
Den Geburtstag Otto von Guerickes nahm die Universität zum Anlass, auf einem akademischen Festakt in der Johanniskirche Ende November 2005 hervorragende Leistungen junger Wissenschaftler zu würdigen und dem Wirken ihres Namenspatrons zu gedenken. Der Festakt war eine gemeinsame Veranstaltung der Universität und der Otto-von-Guericke-Gesellschaft e.V. Magdeburg.
Den Festvortrag „Tief in Gedanken" hielt Prof. Dr. Volker Sturm, Universität zu Köln. Er gewährte einen Einblick in die Stereotaxie, eine minimal invasive operative Methode in der Neurochirurgie zur Behandlung von Hirntumoren, Gefäßmissbildungen, Bewegungsstörungen und bestimten Formen des chronischen Schmerzes. Prof. Sturm wird künftig am Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg forschen.
Den Otto-von-Guericke-Forschungspreis 2005 erhielt Prof. Dr. Anna Katharina Braun, Lehrstuhl für Zoologie/Entwicklungsneurobiologie und geschäftsführende Direktorin des Instituts für Biologie.
In welcher Weise das Gehirn frühe vor- und nachgeburtliche Erfahrungen nutzt, um seine Selbstorganisation zu optimieren und welche von ihnen suboptimal oder sogar schädlich für spätere Hirnleistungen sind, gehört zu den wichtigsten Fragen der Hirnforschung. Der Preisträgerin gelang es, auf diesem Gebiet einige völlig neue und fundamental bedeutsame Erkenntnisse zu erarbeiten.
Festplatte Gehirn
Frühe Lern- und Erfahrungsprozesse führen zu langfristigen strukturellen Veränderungen in den Emotions- und Lernzentren des Gehirns, vergleichbar mit der Vorformatierung der „Festplatte eines Computers". Sowohl das Fehlen als auch das Auftreten bestimmter Einflüsse kann positive oder negative Langzeitkonsequenzen haben. Die resultierenden Veränderungen der neuronalen Netzwerke optimieren oder schwächen die möglichen Leistungen solcher Strukturen bei später auftretenden Anforderungen. Es wird vermutet, dass sich hierbei sowohl kognitive Konzepte herausbilden, als auch eine Art „emotionale Grammatik" entwickelt, mit der das Individuum zeit seines Lebens umgehen wird. Die von Prof. Braun und ihrem Team erarbeiteten Erkenntnisse sind insbesondere für das sich entwickelnde Gebiet der biologischen Psychiatrie im Zusammenhang mit der frühkindlichen Entstehung vieler psychischer Erkrankungen von großer Bedeutung. Darüber hinaus haben ihre Forschungsergebnisse in jüngster Zeit auch Einzug in bildungspolitische Diskussionsforen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema „Frühe Bildung" gehalten.
Als Gutachterin tätig
Prof. Braun wurde 2001 auf die Gründungsprofessur des Instituts für Biologie, Fakultät für Naturwissenschaften, berufen und übernahm die Organisation der Hauptstudiengänge Neurobiologie/Neurowissenschaften. Sie ist Gutachterin zahlreicher Förderinstitutionen und Fachzeitschriften, war Vizepräsidentin der Deutschen Neurowissenschaftlichen Gesellschaft, wurde in den Vorstand der „International Society for Developmental Psychobiology" und als deutsche Repräsentantin in den Vorstand der „European Brain and Behavior Society" gewählt. Das Weizmann Institute of Science, Israel, ehrte sie mit der Morris und Helen Belkin-Gastprofessur.
Der Otto-von-Guericke-Forschungspreis wird von der Commerzbank-Stiftung gestiftet und ist mit 5000 Euro dotiert.
Die traditionell auf dem Festakt vergebenen Dissertationspreise 2005 gingen an Dr. Sven Günther Meuth für seine Forschungsleistungen in seiner Dissertation an der Medizinischen Fakultät und an Dr. Mirko Peglow für seine hervorragende Dissertation an der Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik. Sie sind jeweils mit 1000 Euro dotiert und wurden von der Karin-Witte-Stiftung gestiftet. Die Stiftung wurde 2004 zur Förderung von Leistungen in Wissenschaft, Forschung, Kultur und Sport mit Schwerpunkt auf der Jugendförderung gegründet.
Die Fakultätspreisträger
Mit dem Fakultätspreis 2005 wurden für hervorragende Ergebnisse im Promotionsverfahren Dr. André Katterfeld, Fakultät für Maschinenbau, Dr. Heiko Haase, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Dr. Sreedharan Sajikumar, Fakultät für Naturwissenschaften, Dr. Evelin Ackermann, Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften, und Dr. Rainer Kleber, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, geehrt. Dieser Preis ist mit je 500 Euro dotiert. Die Preisträger erhielten eine silberne Ehrenmedaille mit Namensgravur, die die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg stiftete. Ines Perl
Stadtrecht im Mittelalter
Erstmals verliehen die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und die Landeshauptstadt Magdeburg in diesem Jahr das Eike-von-Repgow-Stipendium. Das Stipendium soll die Studien und Forschungen von Erika Nikolicza zum Magdeburger Recht in Ungarn würdigen und fördern.
Erika Nikolicza studierte Geschichte und Germanistik in Szombathely und Budapest, Ungarn. An einem Gymnasium und der Hochschule in Dunaújváros unterrichtet sie Geschichte und Deutsch. Sie promoviert an der Eötvös-Loránd-Universität (ELTE) in Budapest zum Thema „Ungarisch-Deutsche rechtsgeschichtliche Beziehungen; Stadtrecht im Mittelalter, vor allem das Magdeburger Recht und das Ofner Stadtrecht". Das Stipendium ist mit 5000 Euro dotiert. Die Dauer der Förderung beträgt ein Jahr.
Die Landeshauptstadt und die Universität schlossen 1998 einen Vertrag zur Verleihung des Eike-von-Repgow-Preises. Der Vertrag wurde modifiziert. Künftig werden der Preis und ein Stipendium alternierend verliehen.