Mehr als nur Vokabeln und Grammatik
50 Jahre Fremdsprachenausbildung an der Universität
Seit einem halben Jahrhundert werden an der Universität Studierende in fremden Sprachen ausgebildet. Standen anfangs nur Russisch und Englisch studienbegleitend auf dem Programm, ist heute das Angebot auf stattliche zehn Sprachen angewachsen. Hinzu kommen noch Kurse in Deutsch als Fremdsprache für die internationalen Studierenden und Kurse in Rhetorik/Sprecherziehung.
Textsammlungen erarbeitet
Mit der Gründung der Abteilung Sprachunterricht vor 50 Jahren standen die damaligen Mitarbeiter vor der schwierigen Aufgabe, einen hochschuladäquaten fachsprachlichen Fremdsprachenunterricht durchzuführen, ohne größere Erfahrungen auf diesem Gebiet zu haben und ohne über entsprechende Unterrichtsmaterialien zu verfügen. Die Erfahrungen kamen mit der Arbeit und mit großem Enthusiasmus entstanden in kurzer Zeit umfangreiche Textsammlungen für den Unterricht. Das Ziel der für alle Studierenden obligatorischen Ausbildung lag damals vor allem darin, die Kompetenz des Übersetzens von Fachtexten zu erwerben. Ende der 1950er Jahre wurde auch der obligatorische Deutschunterricht für ausländische Studierende eingeführt.
Das Gesetz über ein einheitliches sozialistisches Bildungssystem schuf 1965 in der DDR einheitliche Grundlagen auch für die Fremdsprachenausbildung an Universitäten und Hochschulen. Die Ausbildung orientierte nunmehr verstärkt auch auf die Aneignung produktiver sprachlicher Fertigkeiten.
1967 wurde aus der Abteilung Sprachunterricht ein Institut für Fremdsprachen. Durch die Einführung der Sprachkundigenausbildung SKA gab es in der DDR erstmals ein vereinheitlichtes Zertifikatssystem der Hochschulfremdsprachenausbildung. Für diese Ausbildung konnte nun auch auf zentral erarbeitete Lehrwerke zurückgegriffen werden. Damit erlangte in den 1970er Jahren der Einsatz technischer Unterrichtsmittel eine entscheidende Bedeutung. In zwei Sprachlaboren wurde ein Selbststudium in größerem Umfang möglich.
Die Wende 1989 brachte eine einschneidende Zäsur. Der obligatorische Fremdsprachenunterricht wurde abgeschafft. Ein neuer Status, neue Aufgaben und Organisationsformen mussten für das Institut gefunden werden. 1993 etablierte es sich als selbststän
dige zentrale wissenschaftliche Einrichtung an der Universität und wurde in Sprachenzentrum umbenannt. Es galt nun zu beweisen, dass ein hochschuladäquater Fremdsprachenunterricht unerlässlich für ein modernes Absolventenprofil ist und es galt, ein attraktives Angebot zu unterbreiten. Projekte, Workshops, Präsentationen und Tandemlernen hielten Einzug in die tägliche Unterrichtspraxis. Eine moderne Mediothek mit PC-, Audio- und Video-Arbeitsplätzen erleichtert den autonomen Fremdsprachenerwerb. Immer mehr Studiengänge fordern von ihren Studierenden auch wieder obligatorische Sprachabschlüsse. In der Regel sind es Abschlüsse im Zertifikatssystem UNIcert, das seit 1995 am Sprachenzentrum angeboten wird.
Großer Aufschwung
Der Bologna-Prozess und die damit verbundene höhere Mobilität der Studierenden durch obligatorische Auslandspraktika und Auslandssemester werden zukünftig noch zu einer Erweiterung der Fremdsprachenausbildung an der Universität führen. Einen großen Aufschwung hat das Fach Deutsch als Fremdsprache durch die zahlreichen internationalen Studierenden an der Universität und durch die studienvorbereitende Deutschausbildung ausländischer Studienbewerber erfahren.
Die Fremdsprachenausbildung wurde und wird stets durch eine intensive wissenschaftliche Arbeit begleitet. Neben der ständigen Erarbeitung neuer Lehrmaterialien gab es u.a. Arbeiten zur Linguistik und zur Didaktik/Methodik der Fremdsprachenausbildung, zur sprachenübergreifenden auditiven Rezeption oder zur Nutzung der neuen Medien für den Fremdsprachenerwerb. Das ging insbesondere nach der Wende einher mit intensiven theoretischen Studien zu fremdsprachendidaktischen Fragestellungen wie konstruktivistischer Fremdsprachenerwerb, Lerner- und Prozessorientierung, Lernautonomie u. a.
Internationale Arbeit
In diesem Zusammenhang sei auch die internationale Arbeit erwähnt, die nach der Wende eine neue Qualität erreichte und neben den Beziehungen zu den langjährigen Partnern aus Osteuropa auch auf Universitäten in Westeuropa und den USA ausgedehnt wurde. Die neue Qualität besteht in der gemeinsamen Arbeit an wissenschaftlichen Projekten, deren Ergebnisse unmittelbar der Deutschausbildung an der hiesigen Universität und den Partneruniversitäten zu Gute kommen. Entstanden sind multimediale PC-Lernprogramme, die in der Mediothek unserer und anderer, vor allem auch ausländischer Universitäten, breit genutzt werden. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit werden jährlich in einem internationalen Workshop vorgestellt. Auf der inzwischen XIV. Internationalen Konferenz mit dem Thema 50 Jahre Fremdsprachenausbildung an der Universität Magdeburg – Wege zum handlungsorientierten, eigenständigen und interkulturellen Lernen wurden im Jubiläumsjahr u.a. neue Formen des Fremdsprachenlernens und ihre lernpsychologischen und didaktischen Grundlagen, die Verbindung von Landeskunde und interkulturellem Lernen, der Einsatz von Computerprogrammen beim selbstständigen Fremdsprachenerwerb, das Tandemlernen oder die UNIcert-Ausbildung diskutiert. Begrüßt werden konnte zur Konferenz auch Gerda Häusler. Sie hatte 1955 als eine der ersten Fremdsprachenlehrer ihren Arbeitsvertrag an der damaligen Hochschule für Schwermaschinenbau unterschrieben.