Künstlerische Reflexion von Wissenschaft
Artist in Lab
Für gewöhnlich arbeiten Künstler im Atelier, nicht im Labor. Das ist üblicherweise die Wirkstätte von Wissenschaflern. Das Projekt „Artist in Lab" der Kunststiftung Sachsen-Anhalt führt nun Künstler in die Labore von Nanowissenschaftlern und Hirnforschern, dort ihre künstlerischen Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Ab Mai 2006 ermöglichen zwei Arbeitsstipendien Künstlern aller Sparten mit Wohnsitz in Sachsen-Anhalt die Begegnung mit Forschung und Wissenschaft. Das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik in Halle, die Klinik für Neurologie II der Guericke-Universität und das Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg konnten als Partner gewonnen werden.
Der „fremde Blick"
Die Direktorin der Kunststiftung, Manon Bursian, ist überzeugt: „Schon der Prozess der Annäherung und Interaktion kann zeigen, dass es wissenschaftlicher wie künstlerischer Forschung in weiten Teilen um das Gleiche geht: das Erkennen, Begreifen und Darstellen der jeweiligen Wirklichkeit." Die Gratwanderung zwischen Kunst und Wissenschaft, der „fremde Blick" auf die jeweils andere Wissens- und Erkenntnisform, das unmittelbare Aufeinandertreffen verschiedener Denkstrukturen sollen neue Arten der Reflexion auf beiden Seiten anregen. Um die Prozesse des Dialogs in Gang zu setzen, begleiten Künstler drei Monate lang die Forschung. Erschlossen werden sollen neue Ebenen der Kreativität auf beiden Seiten.
Unterstützt wird das ambitionierte Projekt vom Kultusminister Sachsen-Anhalts, Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz: „Mit ,Artist in Lab' gelingt es ja vielleicht, die alte Verwandtschaft zwischen Wissenschaft und Kunst wieder zu beleben. So entstehen künstlerische Themen im intensiven Dialog mit Spitzenforschern, die etwa die kleinsten Strukturen des Universums – Nanostrukturen – erforschen oder sich mit der Funktionsweise des menschlichen Gehirns beschäftigen."
Kreativität erklärbar
Gerade für die Neurowissenschaft seien künstlerische Schaffensprozesse von hohem Interesse, betonen Prof. Dr. Hans-Jochen Heinze, Klinik für Neurologie II, und Prof. Dr. Henning Scheich, Leibniz-Institut. Der Hirnforschung gelänge es zunehmend, Mechanismen der Sinnstiftung und Interpretation von Welt als Ordnungsprinzipien für die ständig wechselnden Eindrücke und Erfahrungen zu identifizieren. Dem scheinen bestimmte Formen der elektrischen Kommunikation in Nervenzellen des Gehirns zugrunde zu liegen. Es stelle sich also die Frage, ob überzeugende künstlerische Werke die direkte Reflexion solcher komplexen Ordnungsprozesse sind. Damit würden etwa künstlerische Stile und Kreativität wissenschaftlich erklärbar.