Beschenkt sind die Helfer

31.03.2006 -  

Evangelische Studentengemeinde unterstützt Familienkinderheim in Russland

Die Reise der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) nach Russland beginnt am Bahnhof in Magdeburg, aufgeregt und mit viel Gepäck. Unsere lange Rucksackparade kann sich sehen lassen. Immerhin sind wir zwölf Personen. Von Vorfreude erfüllt, startet die 28-stündige Reise über Moskau in das kleine Dorf Michejewo im Kostromagebiet von Russland. Dort erwarten uns Lubow Alexandrowna Andrejewa und ihre neun Pflegekinder sowie das Leben in einem russischem Dorf, das Leben in einer großen Familie. Was für uns ein Abenteuer ist, ist für die Familie ein Leben, das mühevoll und von vielen Entbehrungen bestimmt ist.

Kleine Landwirtschaft

Die Familie Andrejewa bewohnt im kleinen Dorf Michejewo zwei typische Holzhäuser, die sie im Laufe der Zeit mehr und mehr ausgebaut hat. Dort betreibt sie eine kleine Landwirtschaft mit Imkerei, Gartenbau und Tierhaltung. Das Leben ist einfach, wie wohl in vielen russischen Dörfern: ohne Wasserleitung, WC, Waschmaschine und Badewanne, ohne Zentralheizung und Telefon, ohne jegliche Infrastruktur. Jahr für Jahr hat die Familie an der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen gearbeitet. Doch die unzureichende Finanzierung setzt hier Grenzen. Derzeit sind es neun Kinder und Jugendliche (zwischen 9 und 19 Jahren), die aus verschiedenen Gründen nicht in ihrer eigenen Familie aufwachsen können und in der Pflegefamilie ein neues Zuhause gefunden haben. Alle haben belastende Erfahrungen gemacht, wie den Entzug des Sorgerechtes der Eltern z.B. aufgrund von Straftaten. Viele haben die Alkoholabhängigkeit ihrer Eltern erlebt oder sind von ihnen vernachlässigt worden. Früher haben sie in staatlichen Kinderheimen oder auf der Straße gelebt, wo das Recht des Stärkeren gilt, und es kaum eine Möglichkeit gibt, das zu lernen, was man für ein eigenständiges, menschenwürdiges Leben lernen muss. All das ist vor dem Hintergrund der allgemeinen gesellschaftlichen Situation seit dem Zerfall der Sowjetunion zu sehen.

Spenden sammeln

Die ESG Magdeburg betreut die Familie Andrejewa seit 1999. Das heißt nicht, dass wir das ganze Jahr über vor Ort sind. Den größten Teil der Projektarbeit leisten wir von Deutschland aus. Wir sammeln Spenden in den Gottesdiensten der ESG, stellen das Projekt auf öffentlichen Veranstaltungen vor und beteiligen uns an Wohltätigkeitsbasaren. Die Spenden, die wir sammeln, kommen der Familie zugute. Der zweite Teil der Projektarbeit besteht aus regelmäßigen Besuchen. Jedes Jahr fährt eine Gruppe von Studierenden nach Michejewo, überbringt die Spenden und lebt für kurze Zeit mit der Familie. Mit den Spenden unterstützen wir die Familie bei der Anschaffung von Haushaltsgegenständen, Kinderkleidung, aber auch bei der Schulausbildung und bei der Verwirklichung von Musik- und Sprachausbildung der Kinder.

Die Besuche in Russland sind geprägt vom Austausch mit der Familie und von der Arbeit vor Ort. Jedes Jahr überzeugen wir uns davon, dass sich die Kinder gut entwickeln, Erfolge in der Schule und beim Musikunterricht haben. Vor Ort unterstützen wir die Familie durch unsere Hilfe bei der Gartenarbeit oder bei Arbeiten am Haus. Hierzu gehörten u.a. der Bau eines Gewächshauses, einer Klärgrube und eines Zauns. Dieses Jahr haben sich Lubow und ihr Mann eine Woche Urlaub gegönnt, und wir haben die Kinder betreut. Für die Eltern stellt dies eine große Entlastung dar, für uns ist das ein Beweis für das Vertrauen, das sich über die Jahre aufgebaut hat.

Nach zwei Wochen in Michejewo sitzen wir erschöpft und glücklich im Zug nach Deutschland. Alle sind sich einig: Auch wenn wir viel helfen konnten, die wirklich Beschenkten bei dieser Reise sind wieder einmal wir gewesen.

Letzte Änderung: 31.03.2006 - Ansprechpartner: Webmaster