Was kommt nach dem Silizium?
User Forum zum Siliziumkarbid in Magdeburg
Der Werkstoff Silizium ist heute Grundlage elektronischer Bauelemente sowohl in der Informationsverarbeitung als auch in der elektrischen Energietechnik. Mikroelektronik und Leistungselektronik sind in der modernen Industriegesellschaft unverzichtbar geworden. Interessant ist die Frage, ob es zum Silizium in absehbarer Zeit Alternativen geben wird, die vielleicht heute noch bestehende Grenzen in den Eigenschaften überwinden können. Solche Grenzen betreffen zum Beispiel die maximal zulässige Temperatur, die bei Silizium ca. nur 150°C beträgt, oder die erreichbare Schaltgeschwindigkeit in Verbindung mit dem Wirkungsgrad.
Über hundert Experten
Seit mehreren Jahren wird weltweit an solchen Alternativen geforscht. Unter den „heißen Favoriten" spielt Siliziumkarbid (SiC) eine wesentliche Rolle. Dies betrifft vor allem die Leistungselektronik, ein Wissenschaftsgebiet, das sich mit der Umwandlung und Anpassung elektrischer Energie mit Hilfe elektronisch steuerbarer Bauelemente (Leistungstransistoren) beschäftigt. Da diese Transistoren im Schalterbetrieb nur zwei Zustände kennen, spricht man häufig auch von „digitaler elektrischer Energietechnik".
Der Lehrstuhl für Leistungselektronik des Instituts für Elektrische Energiesysteme unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Lindemann führte im Frühjahr 2006 zusammen mit dem Europäischen Zentrum für Leistungselektronik (ECPE – European Center for Power Electronics e.V.) in Nürnberg ein zweitägiges SiC User Forum durch, bei dem über hundert Experten aus europäischen Universitäten und führenden Unternehmen der Halbleiterindustrie neueste Forschungsergebnisse austauschten.
Viele Einsatzfelder
Dieses Forum sollte Gelegenheit geben, den erreichten Stand und die zu erwartenden Potenziale dieses neuen Werkstoffes im Detail vorzustellen. Da vor allem für den Erfahrungsaustausch und die Diskussion mehr Zeit vorgesehen war, als das auf großen Konferenzen oft der Fall ist, wurde diese Veranstaltung zu einem sehr informativen Forum.
In den Beiträgen und Diskussionen wurde deutlich, dass nach Jahren anfänglicher Euphorie die Lösung technologischer Probleme bei der Herstellung von SiC-Bauelementen aufwändiger war als zunächst angenommen. Jetzt sind erste SiC-Leistungshalbleiter kommerziell erhältlich, die in geeigneten Applikationen eingesetzt werden. Interessant sind zum Beispiel sehr kleine Netzteile mit hoher Leistung, wie sie zur Stromversorgung von Laptops eingesetzt werden. Aber auch in der Automobilelektronik eröffnet sich ein breites Anwendungsgebiet, wenn man an Hybrid- oder brennstoffzellenbasierte Fahrzeuge denkt. Hier ist SiC mit seiner sehr viel höheren Grenztemperatur hervorragend geeignet. Schließlich ergeben sich neue Einsatzfälle für spezielle SiC-Feldeffekttransistoren im Bereich hoher Spannungen.
Ergänzt wurde dieses interessante Forum durch eine kleine Ausstellung, auf der Forschungseinrichtungen, die Mitglieder im ECPE sind, einen Einblick in ihre aktuellen Projekte gaben. Vertreter des Lehrstuhls für Leistungselektronik zeigten einen Versuchsaufbau zur kontaktlosen Übertragung elektrischer Energie über ein hochfrequentes Magnetfeld. Dieses Forschungsprojekt wird in Zusammenarbeit mit dem ifak, Institut für Automation und Kommunikation Barleben, bearbeitet und wird vom Land Sachsen-Anhalt gefördert. Das SiC User Forum wurde sehr positiv bewertet und soll wiederholt werden.