In schwieriger Zeit viel erreicht
Vortrag zu Ernst Reuter im Alten Rathaus
Einer der größten Straßenzüge in der Innenstadt trägt seinen Namen und doch kennen die meisten Magdeburger Ernst Reuter eher als Bürgermeister von Westberlin denn als Oberbürgermeister ihrer Heimatstadt. Vor 75 Jahren hatte er am 16. Mai die Amtsgeschäfte in Magdeburg übernommen. Im März 1933 drängten ihn die Nazis gewaltsam und unter schweren Demütigungen aus dem Amt.
Öffentlicher Vortrag
Mit einem öffentlichen Vortrag von Prof. Dr. Mathias Tullner vom Institut für Geschichte im Alten Rathaus würdigte die Landeshauptstadt das Wirken des letzten demokratisch gewählten Stadtoberhaupts vor dem Zweiten Weltkrieg. Rektor Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann beschrieb ihn als Persönlichkeit, die einen besonderen Weg gegangen und von den Umwälzungen des frühen 20. Jahrhunderts besonders erfasst worden ist.
Ernst Reuter übernahm die Amtsgeschäfte in schwieriger Zeit, die Weltwirtschaftskrise spitzte sich zu, Magdeburg hatte fast 26000 Arbeitslose. Trotzdem konnte er wichtige Projekte, die sein Amtsvorgänger Herrmann Beims begonnen hatte, fortsetzen, u.a. den Bau des Wasserwerkes in der Letzlinger Heide. Auf seine Initiative entstanden 1932 Selbsthilfesiedlungen für Erwerbslose. Außerdem initiierte er Programme zur Arbeitsbeschaffung. Auf diese Weise wurden u.a. die Jerichower Straße verlängert, die Gleisschleife an der Endstelle Sudenburg geschaffen oder alte Friedhöfe gärtnerisch neu gestaltet. 1931 rief er die Winternothilfe ins Leben. Diese bemühte sich intensiv, die Notlage zehntausender Magdeburger zu lindern, z.B. durch öffentliche Versorgung mit Lebensmitteln, durch Kleider- und Wäschespenden oder die Versorgung mit Heizmaterialien.
Ernst Reuter ging 1935 u.a. in die Türkei ins Exil, wo er an der Verwaltungshochschule in Ankara lehrte. 1946 kehrt er nach Deutschland zurück, 1947 wurde er zum Oberbürgermeister von Gesamt-Berlin gewählt, 1948 wurde er Regierender Bürgermeister von Westberlin. Er starb am 29. September 1953 in Westberlin.