Mit Reifen und Keulen zu Titeln
Wissenschaftliche Begleitung neuer Methoden des Lernens gymnastischer Techniken
In Form eines universitären Betreuungsprojektes begann im August des vergangenen Jahres eine Kooperation zwischen dem Institut für Sportwissenschaft und dem SCK Tabea Halle. Dieses Projekt wird gefördert durch das Bundesinstitut für Leistungssportforschung. Es beinhaltet eine universitäre Betreuung durch den Strukturbereich Bewegungswissenschaft. Prof. Dr. Anita Hökelmann, Prof. Dr. Peter Blaser und Doktorandin Katja Westphal entwickelten neue, effektive Lernmethoden für das mentale und motorische Lernen ausgewählter komplizierter gymnastischer Techniken.
Computergestützte Analyse
Das Betreuungsprojekt bestand aus zwei Abschnitten. Der erste beinhaltete eine computergestützte Analyse der gegenwärtigen Weltspitzenleistungen und die Einordnung der deutschen Gymnastinnen in das internationale Leistungsniveau. Erste Ergebnisse zeigten, dass die deutsche Mannschaft insbesondere bei Gleichgewichtselementen und Sprüngen erhebliche Defizite aufweist. Auf der Basis dieser Erkenntnis wurden gemeinsam mit der Trainerin Körpertechniken bestimmt, die mit Hilfe des Lern- und Testprogramms "Gymnastik mental" zum effektiven Erwerb dieser Schwierigkeitselemente (zweifache Taucherdrehung rückwärts, gedrehte Rehringsprünge u.s.w.) führen sollten.
In einem zweiten Schritt begleitet Katja Westphal den mentalen und motorischen Lernprozess in Trainingslagern und im kontinuierlichen täglichen Training im Sportclub in Halle, um die mentale Bewegungsrepräsentation und den motorischen Lernfortschritt bei den jungen Gymnastinnen zu analysieren und zu dokumentieren. Mit Hilfe von dreidimensionalen Bewegungsanalysen konnten Leistungsdefizite der einzelnen Gymnastinnen gut veranschaulicht und Fehler sowohl in der mentalen Bewegungsrepräsentation als auch im motorischen Vollzug durch biomechanische Analysen aufgedeckt werden, die zu Schlussfolgerungen bezüglich der Trainingsgestaltung führten. Soundgestützte Computeranimationen halfen den Gymnastinnen, Bewegungsvorstellungen hinsichtlich zeitlich-dynamischer und räumlicher Strukturen schneller zu entwickeln und in Bewegung umzusetzen. Die zehnmonatige sportwissenschaftliche Begleitung scheint nun erste Früchte zu tragen.
Julia Nickel startete in ihrer Kür-Übung mit den neu erlernten Körpertechniken bei den Deutschen Jugendmeisterschaften im Mai dieses Jahres. Sie zeigte eine ausgezeichnete Übung und konnte sich den Vizemeistertitel in der Disziplin mit dem Reifen sichern. Außerdem holte sie sich in der Disziplin mit Keulen die Bronzemedaille. Ihr nächstes großes Ziel ist die Europameisterschaft 2006.
Die Gruppe des SCK Tabea Halle wurde Deutscher Juniorenmeister und bereitet sich nun auf die Europameisterschaft 2007 in Israel vor. Die wissenschaftliche Begleitung der Vorbereitung auf die Titelkämpfe liegt wieder in den Händen der Bewegungswissenschaftler des Instituts für Sportwissenschaft.