Das große Staunen bewahren
Lyrikband Zwölf Monde von Pia-Monika Nittke
Das letzte der insgesamt 60 Gedichte, die in dem neuen Lyrikband Zwölf Monde der Magdeburger Pianistin, Lyrikerin und Komponistin Pia-Monika Nittke vereint sind, beginnt mit den Worten: "ich möchte nie das staunen verlieren …" und endet zukunftsorientiert und lebensbejahend mit "… solange ich mir dieses staunen wahre/spüre ich/ich lebe".
Persönliche Gedichte
Diese Zeilen aus dem Gedicht das große staunen kann man als Credo der vielseitigen und produktiven Künstlerin und als Leitgedanken dieser Auswahl von Lyrik für ihren zweiten Gedichtband nach Trügerische Ruhe (2003) verstehen. Und auch in Zwölf Monde, erschienen im dr. ziethen verlag oschersleben (ISBN 3-938380-23-3), ist von besonderem Reiz, dass Schwarz-Weiß-Photographien von bizarrer Schönheit und großer Ausdruckskraft von Tochter Elisabeth Heinemann der Gedichtsammlung eine besondere Note geben.
Es sind wieder ganz persönliche Gedichte der 71-jährigen Künstlerin. Die Ich-Bezogenheit schafft in den meisten Gedichten eine Nähe, fast schon eine Intimität. Sie erzählt in ihren Gedichten kleine pittoreske Geschichten, beschreibt detailverliebt Beobachtungen. Sie spielt mit den Worten. Die Textzeilen atmen eine fast heitere Gelassenheit und sind doch, wenn es um Leben und Tod, um Ängste und Sterben geht, ganz ernsthaft. Sie führt durch das Jahr und die Jahreszeiten, schreibt über Wolkenberge, Sonne und Sonnenuntergang, über das Meer. Immer wieder spielen Landschaften eine Rolle, deren Duft sie aufsaugt, die ihr Mut machen, Kraft spenden. Metaphernreich beschreibt sie Blumen und ihre Wirkung auf sie, das Schöne einer Winterlandschaft und das Erwachen des Frühlings. Ihre Gedichte reflektieren viel Eigenes, gelebtes und noch zu lebendes Leben. Auch über Mozart, der ihr besonders viel bedeutet, sowie über den Klarinettisten Giora Feidman, den Tänzer Alexander Sementchoukov und den kleinen chinesischen Jungen Wu Jun Cheng schreibt sie liebevoll poetische Verse.
Ausdrucksstarke Photos
Die ausdrucksstarken Portraitphotos von Elisabeth Heinemann verstärken noch die Aussage der Texte. So wie die Gedichte die Welt, die Natur und das Leben in Bewegung zeigen, haben die Photos der Magdeburger Photographin auch etwas von dieser Bewegung - von Bewegung zwischen Mond und Sonne mit einem Licht, das den Himmel ganz nahe bringt. Die Zwölf Monde stehen auch für ein Leben mit Musik und Poesie, das Pia-Monika Nittke gelebt hat und weiter lebt. In den Gedichten reflektiert sie dieses Leben. Es sind die "kleinen Dinge", die in ihren Texten bedeutungsvoll werden: ein sonnenuntergang am meer, eine wasserrose, ein mandelbäumchen oder wolkenphantasien. Ihre Gedichte klingen wie Musik. Mit den freien Rhythmen, der eigenwilligen syntaktischen Strukturierung und dem konsequenten Verzicht auf Großschreibung und Zeichensetzung eröffnen sie dem Leser Freiräume der individuellen sprachlichen Interpretation und die Möglichkeit des Entdeckens eigener Befindlichkeiten in einer Welt, die unglaublich schön, aber auch unglaublich schwierig ist.