"Fit im Kopf - Fit im Job"
Neuropsychologische Lern- und Fördersoftware für den Einsatz in der beruflichen Rehabilitation
In einem sich wandelnden wirtschaftlichen und sozialen Umfeld, welches durch einen verstärkten Wettbewerb um die knappen Arbeitsplätze gekennzeichnet ist, bedeutet die Teilhabe am Erwerbsleben ein besonders wertvolles Gut. Die Rehabilitation ist im Sozialrecht mit dem explizit formulierten Ziel der Integration verankert. Die berufliche Wiedereingliederung gilt hierfür als ein objektiv feststellbares Kriterium. Viele Menschen brauchen beim Wiedereingliederungsprozess in das Berufsleben aufgrund gesundheitlicher Schädigung und damit verbundener Leistungseinschränkung Hilfestellung.
Besondere Förderung
Eine Gruppe, die besondere Förderung benötigt, sind hirngeschädigte Patienten. Die Wiedereingliederungsraten sind bei dieser Personengruppe besonders niedrig, da die Betroffenen doch verschiedenste neuropsychologische Beeinträchtigungen, wie Defizite im Gedächtnis, des planerischen Denkens oder der Aufmerksamkeit, aufweisen. Neuropsychologische und motorische Defizite, affektive Beeinträchtigungen sowie daraus resultierende soziale Probleme können andauern und so die berufliche Wiedereingliederung behindern.
Neuropsychologische Defizite wie sie beispielsweise nach schweren Verkehrsunfällen oder nach Schlaganfällen auftreten, können den erfolgreichen Abschluss einer beruflichen Wiedereingliederung erschweren, verzögern oder behindern. Zu den häufigsten neuropsychologischen Defiziten, gehören Störungen des Gedächtnises, des Lernens oder der Konzentration. Die Fähigkeit zum planerischen und logischen Denkens stellt in der heutigen Arbeitswelt besonders zentrale Kompetenzen dar, deren Störung weitreichende Folgen auf selbständiges Arbeiten haben kann. Personen mit kognitiven (geistigen) Störungen finden oft nicht die gleiche Unterstützung und Förderung wie solche mit offensichtlichen körperlichen Beschwerden, da diese auf den ersten Blick unauffällig erscheinen.
Zu diesem Thema findet gegenwärtig ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Verbundprojekt des Lehrstuhls für Neuropsychologie der Universität Magdeburg und des Psychologischen Fachdienstes des Berufsförderungswerks Sachsen-Anhalt (Bfw) unter Leitung von Dr. Sandra Verena Müller in der Hochschule und Johannes Werres im Bfw Sachen-Anhalt statt.
Das es Bedarf für eine neuropsychologische Förderung in der beruflichen Rehabilitation gibt, fanden Ulrike Klaue und Andrea Specht in ihrer Diplomarbeit heraus: Sie unterzogen 69 Rehabilitanden des Bfw einem so genannten neuropsychologischen Screening - einer Reihenuntersuchung mit speziellen psychologischen Testverfahren. Ziel war es, die Teilnehmer mit neuropsychologischen Defiziten zu identifizieren. Je nach Funktionsbereich des Gehirns - Gedächtnis, Konzentration und planerisches Denken - wies jeder 3. bis 4. Umschüler entsprechende Merkmale auf. Vielfach hatten diese Teilnehmer neurologische und/oder psychiatrische Vorerkrankungen, die in der Rehabilitationsplanung jedoch nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Auf der anderen Seite gab es einen erheblichen Anteil an Probanden mit unterdurchschnittlichen Leistungen in einzelnen Verfahren, bei denen bisher keine einschlägigen medizinisch-psychologischen Befunde diagnostiziert wurden.
Diese Resultate setzen die Projektpartner derzeit in die Praxis um: Eine Arbeitsgruppe der Universität und des Bfw entwickeln in Kooperation mit der Medizintechnikfirma Hasomed aus Magdeburg ein PC-Programm für die neuropsychologisch fundierte Förderung in der beruflichen Rehabilitation. Die Software, die sich von herkömmlichen neuropsychologischen Rehabilitationsprogrammen durch einen höheren kognitiven Anspruch und den Fokus auf die kaufmännische Ausbildung unterscheidet, gliedert sich in die Module Gedächtnisfunktionen, Aufmerksamkeitsfunktionen und Exekutivfunktionen/Planen. Anhand ausbildungsrelevanter Aufgaben können Anwender die jeweiligen
Gehirnleistungen trainieren.
Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Psychologischen Fachdienst und den Ausbildern des Bfw fließen Probleme der Teilnehmer direkt in die Software-Entwicklung ein. Hier wirkt sich die Nähe zum künftigen Nutzer bereits positiv aus. Es wurden alltagsnahe Aufgaben entwickelt: Gesprächsprotokolle müssen ohne Hilfsmittel erstellt, Geschäftsbriefe korrigiert oder verschiedene Anrufer auf dem Anrufbeantworter in hektischen Bürosituationen erinnert werden. Ein erster Pilottest im Juni 2006 im BfW erbrachte positive Rückmeldungen der Umschüler. Anfang 2007 möchten die Kooperationspartner, den lauffertigen Prototyp präsentieren.