Erfahrungen am Rande des Todes

11.01.2007 -  

Gesprächsforum des Evangelischen Hochschulbeirats

Es gibt rätselvolle Berichte von Menschen, die - nach Unfall oder im Koma - visionäre Erlebnisse hatten: sogenannte Nah-Tod-Erfahrungen. Wenn sie "am Ende eines Tunnels" Lichterscheinungen sahen - waren sie dem Jenseits näher? Lassen sich diese Erlebnisse neurophysiologisch deuten? Sind es Vorgänge, die den wissenschaftlich erklärbaren Bereich transzendieren? Vor wenigen Jahrzehnten unterstützten prominente amerikanische Untersuchungen die Hypothese, dass jene Menschen schon eine Vorauserfahrung des Jenseits gehabt hätten.

Der Evangelische Hochschulbeirat hat - in Verbindung mit dem ZENIT - Ende November 2006 ein Gesprächsforum veranstaltet, um über jene "Selbsterfahrungen am Rande des Todes" mit Fachleuten kritisch zu diskutieren. Ca. 120 Personen waren gekommen, um zuzuhören und zu diskutieren. Prof. Dr. Erich Kasten vom Institut für medizinische Psychologie gab einen hervorragenden Gesprächseinstieg und erläuterte die unterschiedlichen Erklärungsversuche. In der Grenzsituation könne es zu Spontanentladungen großer Neuronenverbünde kommen, Glücksbotenstoffe könnten jenes Gefühl der Leichtigkeit bringen. Analoge Phänomene (Halluzinationen, Drogenerfahrungen) wurden danebengestellt.

Bilder im Unbewussten

Das Gespräch gewann Profil im Gegenüber des Berliner Religionspsychologen Dr. Michael Utsch mit den beiden Psychotherapeuten Dr. Ludwig Drees, Magdeburg, und Gerhard Menzel, Berlin, unter der Moderation des Theologen Prof. Dr. Harald Schultze, Magdeburg. Die Tiefenpsychologen erläuterten, dass im Unbewussten des Menschen Visionen und Bilder eine Rolle spielen - Sehnsucht nach Erweiterung des Bewusstseins. In jenen Bildern der Todesnähe kann das Sterben als Befreiung erfahren werden. Gerhard Menzel erweiterte das Spektrum durch den Hinweis auf buddhistische Praktiken, durch Konzentrationsübungen eine Reise der Seele in andere Welten zu provozieren. Die klassische Vorstellung der Unsterblichkeit der Seele wurde zitiert - aber nur als Anstoß, um deutlich zu machen, dass der Mensch ein Ganzes und nicht nur Körper sei, meinte Dr. Utsch. Auch die naturwissenschaftliche Deutung hält sich offen für neue Dimensionen der Erkenntnis. Die Tatsache der neurophysiologischen Erklärung solcher Prozesse müsse kein Gegensatz sein gegenüber der Wahrnehmung transzendierender seelischer Erfahrungen. Es war ein spannender Abend.

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