Den Rest kriegen wir später

17.03.2007 -  

"Denkzettel"-Kabarettisten auf satirischer Erkundungstour im "Harz IV-Dschungel"

Mit dem letzten Teil ihrer satirischen "… is muss!"-Trilogie sind die "Denkzettel"-Kabarettisten Vera Feldmann, Thomas Müller und Frank Hengstmann im Hartz IV-Dschungel auf der Suche nach dem verloren gegangenen Sozialstaat. Gemeinsam mit Fredericus Rex, Angela Merkel und "Manni" Fest als Zeitzeugen aus den Gesellschaftsformationen Feudalismus, Kapitalismus und Sozialismus werden sie fündig und müssen feststellen: "Der Sozialstaat ist tot, es lebe der Sozialstaat".

Die "Quotenfrau"

Anfangs treiben Thomas Müller und Frank Hengstmann mit ihrer "Quotenfrau" Vera Feldmann ein böses Spiel. Nicht genug, dass sie das halbe Dutzend Musikinstrumente und die überlebensgroßen "Pappkameraden" Angela Merkel, "Manni" Fest und Fredericus Rex auf die Bühne schleppen muss. Vera Feldmann wird nach allen Regeln der (Macho-)Kunst gemobbt. Und was in der boomenden Wirtschaft längst in Mode gekommen ist, praktizieren Müller und Hengstmann auch im Kabarett. Mit einer Würdigung ihrer Fähigkeiten und Verdienste schickt man die Kollegin mit der Feststellung "In Zeiten der Globalisierung des Kabaretts rechnest Du Dich nicht mehr!" in die Arbeitslosigkeit. Da bleibt Vera Feldmann nur noch frei nach Brecht/Weills "Seeräuber-Jenny" die Ballade von den Ein-Euro-Jobs trotzig zu singen!

Der Einstieg in das neue Programm Sozial is muss! oder: Den Rest kriegen wir später als Abschluss des im deutschen Kabarett einmaligen Projektes einer Kabaretttriologie ist programmatisch. Mit einem Satirefeuerwerk zwischen intelligentem politischen Kabarett und deftiger unterhaltsamer Musikcomedy, verteilen die drei Kabarettisten an Wirtschaftsbosse und Politiker aller Parteien bei ihrer kabarettistischen Odyssee im Hartz IV-Dschungel Satireknöllchen. Gespickt mit Reminiszenzen aus den beiden vorangegangenen Programmen hat man sich bei der Suche nach dem verloren gegangenen Sozialstaat wiederum der kompetenten Unterstützung von Fredericus Rex, Angela Merkel und "Manni" Fest versichert. Wir treffen sie alle in einer Pfandleihe, die der unverwüstliche "Manni" als "Börse des Prekariats" bezeichnet. Wie hier Vera Feldmann als "blinde" Kanzlerin Angie, Frank Hengstmann höchst selbst als Kultfigur Manni und Thomas Müller gichtgekrümmt am Stock und mit preußischer Schnoddrigkeit als Fredericus Rex den politischen Alltag in seiner ganzen Buntheit von Rot, Schwarz, Gelb, Grün bis zum gefährlichen Braun analysieren, ist bestes politisches Kabarett. Natürlich setzt Regisseur Knut Müller-Ehrecke auch in diesem Programm auf die unterschiedlichen musikalischen Begabungen der Satiriker, wobei Vera Feldmann mit ihren Liedern den beiden Herren am Klavier, Kontrabass, Gitarre, Akkordeon und Jukolele überlegen ist. Überhaupt punktet Vera Feldmann in den Wortgefechten und im Duell der Pointen mit schnoddriger Schlagfertigkeit und intelligentem Witz diesmal mehr.

Das neue Programm ist wie aus einem Guss. Die Übergänge zwischen den Wortbeiträgen und den insgesamt 16 Liedern und Couplets nach Melodien von Kurt Weill, Paul Lincke, Udo Jürgens bis hin zu Drafi Deutscher und den Beatles sind fließend - das Motto des Programms gerät nie aus dem Visier der Kabarettisten, die sich in ihrer charmanten Art des "Flirts" mit dem sich blendend amüsierenden Publikum mal wieder gegenseitig übertreffen.

Neue Pinsel

Lachsalven ohne Ende wenn Müller und Hengstmann wie Herricht/Preil die Total-Überwachung wider Terrorgefahr auf Bahnhöfen "spielen". Wie man (bittere) politische Wahrheiten mittels des deutschen Schlagers hier mit hohem Unterhaltungswert verkündet, ist nicht nur musikalisch Extraklasse! Zum Finale kommt es in der Pfandleihe zur Auktion und im Dialog mit ihren "Pappkameraden"-Egos kommen Vera Feldmann, Thomas Müller und Frank Hengstmann zu der Erkenntnis: "Der Sozialstaat ist tot, es lebe der Sozialstaat". Der schlitzohrige "Manni" bringt es bezogen auf die Rot-Schwarz-Grün-Gelb-Parteienlandschaft auf den Punkt: "Farben hat unser Land genug. Wir brauchen neue Pinsel!"

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