Lernen und Gedächtnis
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung in Magdeburg
Zeitlich und thematisch hätte es kaum besser gepasst, dass die wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung Anfang (DGKN) April 2008 in Madgeburg stattgefunden hat. Denn ein paar Wochen zuvor haben die Magdeburger Neurowissenschaftler die Nachricht übermittelt bekommen, zukünftig ein Helmholz-Partnerinstitut im Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen zu werden. Einer der Schwerpunkte des Magdeburger Instituts für Demenzforschung (MID) ist es, die Mechanismen, die der Plastizität und dem Lernen in degenerativen Erkrankungen zugrunde liegen, zu identifizieren und in Zukunft Lernparadigmen auf der Basis dieser Mechanismen zu entwickeln, die sowohl die Stabilisierung als auch die Reorganisation der kognitiven Funktionen erlauben.
Internationale Experten
Diese Themen standen auch auf dem Kongress im Focus des Interesses, denn Prof. Dr. Hans-Jochen Heinze von der Universitätsklinik für Neurologie II, Kongresspräsident und zugleich Präsident der DGKN, erklärte "Lernen und Gedächtnis" zum zentralen Thema der Tagung - nicht zuletzt auch, weil Magdeburg als Neurostandort eine herausragende Rolle spielt.
Ca. 1400 Wissenschaftler, darunter neben Ärzten aus unterschiedlichen Fachrichtungen auch Physiker, Psychologen, Chemiker und Ingenieure, verfolgten im Maritim Hotel das vielseitige Angebot der Gastgeber. Neben dem Schwerpunktthema wurden weitere Veranstaltungen zur Diagnostik und Therapie von unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen angeboten. In Plenarvorträgen, Symposien, z.B. das ALS-Symposium der Stiftung für medizinische Wissenschaft (organisiert vom Muskelzentrum Magdeburg), Postersitzungen oder Kursen hatten die Besucher die Gelegenheit, die Präsentationen der Studien namhafter Experten, darunter auch viele aus dem Ausland, wie USA, Großbritannien und Schweden, zu verfolgen.
Bildgebende Verfahren
Die Wissenschaftler diskutierten u.a. über die molekularen Grundlagen neurodegenerativer Erkrankungen, wie dem Morbus Alzheimer, einer Erkrankung die mit zunehmendem Alter häufiger auftritt und bereits Millionen Menschen betrifft.
Neuere diagnostische Möglichkeiten und mögliche präventive Therapien, eröffnen sich durch moderne bildgebende Verfahren. Interdisziplinäre Netzwerke und Kooperationen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen sind entscheidend für einen Erfolg. Denn durch solche Synergieeffekte könnte es gelingen, bestimmte Gedächtnisprozesse im Gehirn zu lokalisieren und gleichzeitig deren biochemische und molekularbiologische Profile zu charakterisieren, so Prof. Heinze. Klinisch bedeutet dies, dass es möglich wird, krankheitsrelevante Störungen wesentlich präziser als bisher zu identifizieren und eine gezielte therapeutische Intervention zu entwickeln. Dadurch könnten an der Guericke-Universität auch neue therapeutische Verfahren wie etwa die "Tiefe Hirnstimulation", mit der bereits gearbeitet wird, zunehmend zum Einsatz kommen.
Auf die Podiumsdiskussion, die sich mit dem Thema "Exzellenz und Existenz: Perspektiven für junge Wissenschaftler in Medizin und Lebenswissenschaften" befassen sollte, wurde mit Spannung gewartet. Geladen waren dazu hochkarätige Vertreter aus Wissenschaft und Politik: Prof. Dr. Jan-Hendrick Olbertz, Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Herbert Jäckle, Vize-Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Matthias Kleiner, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Prof. Dr. Gerhard Roth, Präsident der Studienstiftung des Deutschen Volkes, Prof. Dr. Henning Scheich, Direktor des Leibniz-Instituts für Neurobiologie, diskutierten unter der Moderation von Prof. Dr. Hans-Jochen Heinze. Zu der Frage, ob wir in Deutschland exzellente Wissenschaftler haben, gab es unterschiedliche Meinungen. Einig waren sich die Teilnehmer jedoch darüber, dass es immer schwieriger wird, junge Mediziner für die klinische Forschung zu gewinnen. Die Zukunftsmöglichkeiten für junge Ärzte, die sowohl in der Patientenversorgung als auch im klinischen Bereich erfolgreich sein wollen, sind im Ausland vergleichsweise besser. Dabei spielt der ökonomische Aspekt keine unbedeutende Rolle. Prof. Jäckle betonte, dass Deutschland für junge Wissenschaftler auch gute Perspektiven biete, es müsse den Wissenschaftlern nur gesagt werden. In den USA werden Promotionen jahrelang mit Hilfe von Drittmitteln finanziert. In Deutschland hingegen klaffe eine Lücke nach der Promotion. Prof. Heinze betonte, dass es unumgänglich sei, jungen Akademikern mehr Autonomie zu gewähren und einen Prozentanteil der erworbenen Mittel für den persönlichen Gebrauch zur Verfügung zu stellen.
Der festliche Abschluss des Kongresses fand in der Festung Mark mit dem Stargast Herbert Feuerstein statt, der nach zwei intensiven Kongresstagen für eine ausgelassene Stimmung sorgte.