Möchte bald wieder in seiner Schmiede arbeiten
Aktive Solidarität - Orthopädische Operationen für NS-Opfer aus Osteuropa
Etwa 340 Frauen und Männer - größtenteils aus Polen, aber auch aus der Ukraine und Belarus - sind in der Initiative Aktive Solidarität - Orthopädische Operationen für NS-Opfer aus Osteuropa in Kliniken in Deutschland und Österreich operiert worden. Die Hilfsaktion, initiiert von Prof. Dr. Wolfram Neumann, Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Magdeburg, wurde 2002 ins Leben gerufen.
Ein Stück Versöhnung
Mehr als 80 deutsche Kliniken haben sich angeschlossen. Die Ärzte hoffen, mit dieser Initiative, als Zeichen der Solidarität, etwas zur Versöhnung mit den Völkern Mittel- und Osteuropas und vor allem zur Abtragung der Schuld gegenüber den Menschen, denen im Dritten Reich so viel Leid zugefügt wurde, beitragen zu können.
In der Uniklinik Magdeburg wurden bislang bei acht Patienten Knie- oder Hüftendoprothesen implantiert. "Mit Hilfe von Unternehmen, aber auch Dank privater Spenden zur Deckung der organisatorischen Kosten werden wir die Aktion auf jeden Fall weiterführen, und wir erhalten auch schon konkrete Unterstützung", berichtet Professor Neumann. Der Verein nennt sich "Aktive Solidarität e. V." und setzt sich zusammen aus Reiner Riegg (Geschäftsführer), Franz-Ulrich Kleindorff, Bürgermeister der Gemeinde Barleben (Geschäftsführer), Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Dr. Karl-Heinz Daehre, Landtagspräsident Dieter Steinecke, der Landrat des Landkreises Jerichower Land, Lothar Finzelberg, Erich Wasserthal, Bürgermeister der Gemeinde Sülzetal, und der Landrat des Landkreises Börde, Thomas Webel.
Das Krankenhauspersonal operiert die Patienten kostenlos, die Implantatindustrie stellt die benötigten Gelenkprothesen für die ehemaligen NS-Opfer gratis zur Verfügung. Die organisatorischen Komponenten des Projekts, wie Reisekosten inklusive Tagegeld von Patienten und einer Begleitperson, wurden in den vergangenen fünf Jahren bis zum April dieses Jahres von der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" als Anlaufhilfe finanziell unterstützt.
Künstliche Hüftgelenke
Die Prüfung der Hilfsbedürftigkeit der Patienten erfolgt grundsätzlich über Partnerorganisationen vor Ort auf Empfehlung zur Operation durch Fachkollegen des Heimatlandes.
Im Mai 2008 ist der 73-jährige Mierczyslaw Bas aus Polen am Universitätsklinikum betreut worden. Ihm wurden von Prof. Wolfram Neumann und seinem Ärzte-Team zwei künstliche Hüftgelenke eingesetzt. Bereits zwei Tage nach der OP konnte der Patient die ersten Schritte gehen. Schon bald möchte der Schmiedemeister in der Heimat wieder seiner Tätigkeit nachgehen.
Während des Klinikaufenthalts war der polnische Arzt Dr. Pawel Mroczkowski, der in der hiesigen chirurgischen Klinik arbeitet, häufig an seiner Seite und kümmerte sich auch um die sprachliche Verständigung.
Während des Zweiten Weltkrieges war Mierczyslaw Bas als Kind mit seiner Familie aus seinem Heimatort verschleppt worden. Gemeinsam mit seiner Schwester wurde der Junge in ein Übergangslager abtransportiert und blieb dort einige Monate. Bei einem Weitertransport gelang es polnischen Bürgern, ihn zu befreien. Über das Schicksal seiner Eltern ist nichts bekannt. Er hat sie nie wieder gesehen.