Gesundheitsbewusstsein schärfen
Unterstützung, Förderung und Integration physisch und /oder psychisch Beeinträchtigter
Zum zweiten Mal hatte der Rektor der Universität, Prof. Klaus Erich Pollmann, Mitte Juni 2008 zu einem Diskussionsforum geladen, das zur Verbesserung des Gesundheitsbewusstseins und der Behindertenfreundlichkeit an den Magdeburger Hochschulen beitragen sollte.
Zwei Vertreterinnen vom Integrationsfachdienst und vom Integrationsamt Sachsen-Anhalt stellten die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Integration körperlich und/oder psychisch beeinträchtigter Mitarbeiter und die Zusammenarbeit zwischen Behindertenbeauftragten, -vertretungen, Personalabteilungen und Integrationsamt bzw. -fachdienst dar. Zwei Vertreterinnen der universitätsinternen Integrationspraxis gaben Einblicke in ihre konkrete Begleitungs- und Beratungsarbeit.
Gesundheitsmanager
Da interdisziplinär und multiperspektivisch geleitete Interventionen nur in Fällen möglich sind, in denen eine anerkannte Schwerbehinderung vorliegt, wurde anschließend besonders darüber diskutiert, wie man es Mitarbeitern, die einen hohen subjektiven Leidensdruck verspürten und bei denen bereits Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Arbeit oder im Umgang mit Kollegen sichtbar geworden seien, erleichtern könnte, professionelle Hilfe bzw. Diagnostik in Anspruch zu nehmen. Die anwesenden Mitglieder des Personalrats betonten, dass präventive Aufgaben wie z.B. Beiträge zur Entstigmatisierung und Aufklärung über psychische Erkrankungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung gehörten, deren Umfang durchaus die Etablierung der Stelle eines hauptamtlichen Gesundheitsmanagers an der Universität rechtfertigen würde.
Mareen Eisenblätter stellte ausgewählte Ergebnisse einer von ihr kürzlich an der Universität durchgeführten Analyse vor, nach der Studierende mit einem oder mehreren Studienwechseln ein vergleichsweise hohes Belastungsgefühl und eine eher geringe Ressourcenlage angegeben hätten. Ca. 60% aller Befragten hätten einen allgemeinen und 20% einen psychosozialen Beratungsbedarf zum Ausdruck gebracht.
Maren Doose von der Universität Hamburg stellte das Projekt HOPES vor, welches mittlerweile zum regulären Angebot der Studienberatung gehöre. Es richte sich an Studierende aller Hamburger Hochschulen, die nach einer schweren psychischen Krise, häufig auch nach einer stationären oder teilstationären Behandlung, praktische Hilfen zur erfolgreichen Bewältigung von Studienanforderungen wünschten oder benötigten. Ergänzend zur Studienberatung und einer ambulanten psychotherapeutischen und/oder psychiatrischen Behandlung könnten Betroffene kontinuierlich Gruppenangebote und Einzelberatung in Anspruch nehmen, was ihnen ermögliche, Kontakte zu knüpfen, sich gegenseitig zu unterstützen und fachliche Hilfe und Anleitung hinsichtlich der Planung und Bewältigung studien- und/oder alltagsrelevanter Aufgaben zu erhalten. Maren Doose betonte, das Vorurteil, dass Menschen, die von einer psychotischen Erkrankung betroffen seien, studierunfähig seien, könne schon lange als widerlegt gelten.
Dr. Evelin Ackermann wies darauf hin, dass auch in der von ihr geführten Psychotherapeutischen Studentenberatung des Magdeburger Studentenwerks (PSB) der Anteil der Studierenden mit krankheitswertigen psychischen Beeinträchtigungen stark zugenommen habe. Sie unterstrich, dass die personellen Ressourcen der PSB grundsätzlich dringend ausgebaut werden müssten, um der immensen Nachfrage einigermaßen gerecht werden zu können.
Als Behindertenbeauftragte des Senats und der Universität bestätigte Dr. Marion Schulze, dass Studierende mit psychischen Beeinträchtigungen in ihrem Beratungsbereich ebenfalls zugenommen hätten. Zu ihrer Klientel zählten aber auch Studenten mit körperlichen Handicaps, solche mit schweren chronischen Erkrankungen sowie Menschen, die unter einer anerkannten Lese-RechtschreibSchwäche litten. Der gesetzlich zugesicherte Nachteilsausgleich dürfe keineswegs als Bevorteilung gewertet werden. Im Sinne der Gleichstellung ermögliche dieses Gesetz, individuelle Lösungen für krankheitsbedingte Schwierigkeiten zu finden, die einen Studenten daran hindern könnten, ihre intellektuellen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Konkret gehe es z.B. um die zeitliche Entzerrung von Prüfungsterminen, die Möglichkeit, das Studium zu verlängern, mündliche statt schriftliche Prüfungen abzulegen o.ä.
Konzept vorlegen
Es zeigte sich, dass noch lange nicht in allen Fakultäten ein Bewusstsein hinsichtlich der Beratungsmöglichkeiten an der Universität vorhanden ist. Gleichzeitig wurde deutlich, dass die bisherige Regelung, nach der die Behindertenbeauftragte die Betreuung und Beratung Studierender neben ihren regulären Aufgaben am Institut für Erziehungswissenschaft vornimmt, dringend durch eine partielle Freistellung verbessert werden muss. Insgesamt trug der Workshop dazu bei, die Notwendigkeit gesundheitsfördernder Aktivitäten in den verschiedenen Feldern wieder deutlicher in den Blick zu nehmen. So wurde der Personalrat aufgefordert, ein Konzept für das von ihm postulierte Gesundheitsmanagement vorzulegen. Prof. Dr. Pollmann und Prof. Dr. Jörg Frommer riefen dazu auf, den ehemals aktiven Arbeitskreis wieder neu zu formieren und - neben Mitarbeitern - vor allem auch Studierende zu ermutigen, sich in diesem Bereich stärker einzubringen.