Nicht mehr nur für die ersten Schritte
Seit zehn Jahren betreuen die Interkulturellen Studenten ausländische Kommilitonen
Auf der Postkarte, die Bastian Czura in der Hand hält, geht gerade die Sonne hinter der Moldaubrücke unter. "Die kommt mit an die Wand, die wir anlässlich unseres 10. Geburtstages mit Erinnerungsgeschenken, Fotos, Karten oder Briefen von unseren ausländischen Kommilitonen gestalten wollen", erzählt er. Auf ihr bedankt sich Vaclav Hosnedl aus Prag für die gute Betreuung in Magdeburg durch die IKUS, die Interkulturellen Studenten.
Handzettelaktion
Aus 80 Nationen kommen junge Menschen zum Studium an die Universität in der Elbestadt. 1200 bis 1400 sind es inzwischen. Suchen sie Rat und vor allem Kontakt zu Kommilitonen und neue Freunde, dann sind sie bei den IKUS bestens aufgehoben. Seit 1998 betreuen sie ausländische Studierende. Begonnen hatte damals alles mit ganz vielen Handzetteln. Auf ihnen warb das Akademische Auslandsamt der Universität zum Wintersemester 1998/99 interessierte Studenten, ihren ausländischen Kommilitonen in der Anfangsphase des Studiums zu helfen. "Das war alles noch ein bisschen chaotisch und unorganisiert", erinnert sich Eva Böhning vom Akademischen Auslandsamt.
Vor allem ging es um die Anfangsbetreuung - vom Bahnhof abholen, Begleitung zum Imma-Amt, Bürgerbüro, zur Bank, Krankenkasse, Ausländerbehörde, Hilfe beim Ausfüllen von Formularen, dolmetschen, Wohnungssuche. Damals hatten die IKUS ein kleines Büro im Gebäude 18. Mit der Zeit wurden die IKUS mehr und die zu betreuenden Studenten auch. 2002 konnten sie im Wohnheim Walther-Rathenau-Straße 19 in den InterKultiTreff (IKT) ziehen und kümmern sich seitdem auch um die internationalen Studierenden der Hochschule Magdeburg-Stendal. Auf Initiative des Studentenwerks Magdeburg entstanden dort ein Büro, Aufenthaltsräume, eine Küche und eine Unterkunft, für Studenten, die in der Nacht anreisen.
Auch heute noch ist die Anfangsbetreuung eine wesentliche Aufgabe der IKUS. Auf der Homepage (www.ovgu.de/ikus/) jedoch haben die neuen Studenten aus aller Welt meist schon die wichtigsten Informationen über die Uni, Magdeburg und die ersten Schritte im Studium erhalten. Oft haben die IKUS bereits via Mail Kontakt zu ihren neuen "Schützlingen" und die ersten Fragen schon geklärt.
Begrüßungswoche
Manchmal klingelt auch das Telefon - nicht im Büro des IKT, nein, da klingelt es schon seit einem Jahr nicht mehr, seit bei Bauarbeiten das Kabel gekappt wurde. Es klingelt das Handy, dass sich die IKUS inzwischen privat gekauft haben, weil das Telefon im Büro nicht repariert wird. Und am anderen Ende meldet sich jemand aus Taiwan, berichtet Bastian Czura, der seit 2005 dabei ist. Während dort der Tag bereits begann, war es in Magdeburg erst gegen Mitternacht. "Aber auch da helfen wir oder vermitteln an die jeweiligen Ländergruppen, mit denen wir eng zusammenarbeiten."
Nach den ganzen Behördengängen gibt es die Begrüßungswoche zu Semesterbeginn. Da organisieren die IKUS und das Akademische Auslandsamt ein Begrüßungsfrühstück, bei dem es eine Mappe mit wichtigen Informationen zur Uni und zu Magdeburg gibt, Informationsveranstaltungen und Campus-Touren. Aber auch ein gemeinsames Kaffeetrinken, eine Semesteranfangsparty, sich kennen zu lernen oder Stadtrundgänge, bei denen die Senioreninitiative "Dialog der Generationen" unterstützt, stehen auf dem Programm.
In den zurückliegenden zehn Jahren engagierten sich rund 110 Studenten in der Betreuungsinitiative. Derzeit arbeiten 14 Studierende, darunter auch ausländische Studenten, aktiv mit. Das heißt, sie stellen selbstständig und mit großem Engagement jedes Semester ein tolles Programm auf die Beine, das für jeden etwas bereit hält: Filmabende, Theaterbesuche, Bowling- und Kickerabende, das Tandem-Night-Café für das Sprachenlernen, Grillfeste, jeden 2. Dienstag den Stammtisch im Moonlight, Ernst-Lehmann-Straße. Zweimal im Semester wird eine eintägige Exkursion organisiert und im Sommer gibt es dann eine Drei-Tages-Fahrt, die schon nach Rostock, Hamburg, Stuttgart oder Köln führte. "Um den Kontakt zu den deutschen Studenten noch zu intensivieren, würden wir uns wünschen, dass mehr von ihnen unsere Angebote nutzen", meint Bastian Czura. "Die Angebote sind auf der Homepage zu finden." Dann sind da noch die Länderabende. Zuerst wird gekocht, dann stellen die Studenten ihr Heimatland vor: Bilder, Videos, landestypische Trachten, Tänze, erzählen von Bräuchen und Gewohnheiten. Nach dem gemeinsamen Essen der selbst gekochten Spezialitäten ist Party. Da ist es immer richtig voll.
Länderabende
Ihre Heimatländer und Kultur haben die ausländischen Studenten gemeinsam mit den IKUS gern auch auf Veranstaltungen der Universität einem großen Publikum vorgestellt, so beispielsweise auf dem Alten Markt 2001 mit "Uni International" und 2003 bei "Uni am Markt" oder 2005 zum Stadtjubiläum in der FestungMark. In diesem Jahr hatten die IKUS während der Studententage zu einem "Fest der Kulturen" in die FestungMark eingeladen. "Ich war total begeistert davon, wie selbstständig die IKUS das Fest organisiert hatten, vor allem weil ich weiß, wie viel Arbeit und Aufwand in so einem Fest steckt und ein Großteil der IKUS ehrenamtlich arbeiten", freut sich Eva Böhning. Künftig soll es alle zwei Jahre dieses Event geben.
Das Engagement der IKUS ist in den zurückliegenden Jahren nicht unbemerkt geblieben und so zeichnete sie das Auswärtige Amt 2005 mit dem "Preis für exzellente Betreuung" aus. Die Landesrektorenkonferenz würdigte die Arbeit 2001 mit einem Anerkennungspreis und 2004 mit dem Preis der Landesrektorenkonferenz zur Optimierung eines erfolgreichen Studiums. 2003 erreichten die IKUS einen 4. Platz im Jugendengagementwettbewerb der Initiative "freistil: Jugend engagiert in Sachsen-Anhalt".
Die Arbeit der IKUS ist ein Geben, aber auch ein Nehmen: Verständnis für andere Kulturen erwächst, Freundschaften entstehen, schöne Erinnerungen an gemeinsam verbrachte Stunden bleiben. Am 18. Oktober 2008 gibt es für die IKUS Gelegenheit, sich bei einer Geburtstagsparty in der FestungMark zu erinnern und neue Pläne für die Zukunft zu schmieden.