Den Brennstoffzellen auf den Grund gehen

01.12.2008 -  

Nachwuchsgruppe "Netzwerke elektrochemischer Wandler in der Energieerzeugung"

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Verknappung primärer Energieressourcen bedarf es in Zukunft großer ingenieurwissenschaftlicher Anstrengungen. Es gilt leistungsfähige Methoden und Werkzeuge für den zielgerichteten Entwurf effizienter und nachhaltiger Energiewandlungssysteme zu entwickeln. In diesen Systemen werden Brennstoffzellen als elektrochemische Wandlerkomponenten eine zentrale Rolle spielen. Sie erlauben eine ressourcenschonende Wandlung von chemisch gespeicherter Energie in elektrische Energie und erreichen dabei hohe thermodynamische Wirkungsgrade. In Kombination mit der energetischen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen ist es möglich, ein hocheffizientes und nachhaltiges Elektroenergieerzeugungssystem zu schaffen. Zur Einbindung der Brennstoffzelle in das elektrische Netz, für die Überwachung und Sicherung der Netzqualität sowie für eine nachhaltige Brennstoffversorgung auf Basis nachwachsender Rohstoffe besteht enormes Forschungspotenzial.

Vom Land gefördert

Zur Untersuchung und zum Verständnis dieser Zusammenhänge wird seit Beginn des Jahres 2008 an der Universität eine Nachwuchsforschergruppe mit Exzellenz-Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt aufgebaut (www.uni-magdeburg.de/newe). Ziel der Arbeiten ist unter anderem die Formulierung von Modellen zur Beschreibung und Steuerung von elektrischen Netzen mit Brennstoffzellen im Verbund mit anderen dezentralen Elektrizitätserzeugern wie beispielsweise Windkraft- oder Photovoltaikanlagen. Zur Umsetzung dieses Vorhabens kooperieren die Fakultäten für Elektrotechnik und Informationstechnik, Verfahrens- und Systemtechnik sowie Maschinenbau der Universität und das Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme (MPI) sowie das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) eng miteinander. Forschungsstrategisches Ziel ist dabei die enge Verzahnung der Arbeiten der beteiligten Institutionen im Bereich der erneuerbaren Energien sowie die Bildung eines fakultätsübergreifenden Exzellenzschwerpunkts "Energieprozesstechnik".

Sieben Themenfelder

Die Forschungsaktivitäten gliedern sich gegenwärtig in sieben Themenfelder, die jeweils an fachlich ausgewiesenen Lehrstühlen der Universität angesiedelt sind. Hierzu gehören im Einzelnen die Biomasselogistik, die Wasserstofferzeugung (beide Prof. Michael Schenk, Lehrstuhl Logistische Systeme/IFF), der Brennstoffzellenbetrieb und die Brennstoffzellendiagnose (beide Prof. Kai Sundmacher, Lehrstuhl Systemverfahrenstechnik/MPI), die Netzkopplung (Prof. Andreas Lindemann, Lehrstuhl Leistungselektronik) sowie Fragen zur Netzstabilität und zur Einsatzplanung virtueller Kraftwerke (beide Prof. Zbigniew Styczynski, Lehrstuhl Elektrische Netze und Alternative Elektroenergiequellen). Jedes Themenfeld wird von einem wissenschaftlichen Mitarbeiter in einem Promotionsvorhaben bearbeitet. Die Betreuung liegt in der Verantwortung der beteiligten Lehrstuhlinhaber und dreier Nachwuchsgruppenleiter (Dr. Richard Hanke-Rauschenbach, Dr. Krzysztof Rudion, Dr. Sascha Thomas).

Während eines Kolloquiums Mitte Oktober 2008 an der Universität wurden dem Vertreter des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt, Peter Hinrichs, erste Ergebnisse von Nachwuchswissenschaftlern der Gruppe vorgestellt. Nach einer Einleitung von Prof. Sundmacher mit Ausführungen zur Bedeutung und zum Zukunftspotenzial von Brennstoffzellensystemen sowie nach Darstellung der einzelnen Themenfelder und deren Interaktion durch Dr. Hanke-Rauschenbach wurden Arbeiten zur Wasserstoffherstellung aus Biomasse und zu virtuellen Kraftwerken diskutiert.
Wasserstoff aus Biomasse

Die Wasserstofferzeugung soll mit Hilfe der thermochemischen Vergasung von Biomasse mit nachfolgender Aufkonzentrierung des im Brenngas enthaltenen Wasserstoffs erfolgen. Die Modellierung einer solchen Konversionsanlage sowie erste Simulationsergebnisse dazu wurden durch Dr. Andreas Schlinkert präsentiert. Dabei wurden auch die Schnittstellen zu anderen Themenfeldern, wie der Biomasselogistik zur Versorgung der Anlage mit Biomassebrennstoff und dem Wasserstoffverbrauch in der Brennstoffzelle, aufgezeigt. Pio Lombardi stellte im Anschluss daran in seinem Vortrag die Arbeiten zum virtuellen Kraftwerk vor.

Theorien der linearen Programmierung

Ein virtuelles Kraftwerk ist ein Cluster, in dem verschiedene Energieerzeuger, Speicher und auch Verbraucher zusammengeschaltet sind und durch ein Management-System entsprechend kontrolliert werden.
Das Management-System entscheidet, wann mehr bzw. weniger Energie produziert und gespeichert werden muss, wann die elektrische Energie ins Netz verkauft oder aus dem Netz gekauft werden muss. Das Ziel im Rahmen dieser Arbeiten ist die multikriterielle Optimierung der Struktur und des Betriebes eines virtuellen Kraftwerks durch die Anwendung von Theorien der linearen Programmierung. Prof. Styczynski rundete danach das Kolloquium mit einem Beitrag zu den Aktivitäten im Bereich erneuerbare Energien im Land Sachsen-Anhalt ab.
Rektor Prof. Klaus Erich Pollmann, der das Kolloquium eröffnet hatte, hob die Bedeutung derartiger Nachwuchsgruppen für den Wissenschaftsstandort Magdeburg hervor und wünschte der NEWE-Gruppe gutes Gelingen für die zukünftigen Forschungstätigkeiten.

Letzte Änderung: 01.12.2008 - Ansprechpartner: Webmaster