Funktionalität auf Nutzer ausgerichtet
Wie lassen sich Emotionen in der Mensch-Maschine-Kommunikation besser handhaben?
Der seit dem 01. Januar 2009 gemeinsam mit der Universität Ulm getragene Sonderforschungsbereich (SFB)/Transregio 62 Eine Companion-Technologie für kognitive technische Systeme ist der sechste Sonderforschungsbereich der Universität Magdeburg und zur Zeit der einzige in den Magdeburger Ingenieurwissenschaften. Sprecher des SFB am Standort Magdeburg ist Prof. Dr. Andreas Wendemuth, Institut für Elektronik, Signalverarbeitung und Kommunikationstechnik, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik.
Der SFB untersucht, wie sich die Kommunikation zwischen dem Menschen und technischen Systemen verbessern lässt. In Magdeburg haben Wissenschaftler des ingenieurwissenschaftlichen Universitätsforschungsschwerpunktes Intelligente Interaktive Systeme (Profs. Ayoub Al-Hamadi, Bernd Michaelis, Andreas Wendemuth, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Prof. Dietmar Rösner, Fakultät für Informatik), der Medizinischen Fakultät (Prof. Jörg Frommer) und des Leibniz-Instituts für Neurobiologie (Profs. Frank Ohl, Henning Scheich und Dr. André Brechmann) die Konzeption erarbeitet. Die erste vierjährige Förderperiode hat in Magdeburg ein Volumen von fast 2,5 Millionen Euro. Eine Weiterförderung ist bei erfolgreichem Verlauf bis Ende 2020 möglich, womit eine langfristige Stärkung und Profilierung der grundlagenorientierten Forschung in Magdeburg erfolgt.
Im SFB/Transregio wird insbesondere untersucht, wie sich Emotionen in der Mensch-Maschine-Kommunikation besser ausdrücken und handhaben lassen. Ziel der Arbeiten ist die systematische und interdisziplinäre Erforschung kognitiver Fähigkeiten - und ihre Realisierung in technischen Systemen. Das Forschungsvorhaben folgt der Vision, dass technische Systeme der Zukunft Companion-Systeme sind - kognitive technische Systeme, die ihre Funktionalität konsequent und vollständig auf den individuellen Nutzer ausrichten, indem sie sich an seinen Fähigkeiten, Vorlieben, Anforderungen und aktuellen Bedürfnissen orientieren, sich auf seine Situation und emotionale Befindlichkeit einstellen, stets verfügbar, kooperativ und vertrauenswürdig sind und ihrem jeweiligen Nutzer als kompetente, partnerschaftliche Dienstleister gegenüber treten.
In Companion-Systemen sollen dabei zunächst auf der Basis von Sensoren dynamisch erfasste Größen zur Beschreibung der Umgebung und der Befindlichkeit des Nutzers in eine Gesamtzustandsbeschreibung überführt werden, die Rückschlüsse auf die Umgebungssituation und den emotionalen Zustand eines Nutzers zulässt. Diese Beschreibung bildet zusammen mit einer symbolischen Wissensbasis die Grundlage für Prozesse der Interaktion und Dialoge zwischen Companion-Systemen und ihren Nutzern. Diese dienen nicht nur der wechselseitigen Vermittlung von Information zur Anforderung bzw. Bereitstellung von Systemfunktionalität; in ihnen manifestieren sich zugleich wesentliche Companion-Eigenschaften wie Individualität und Adaptivität. Die Untersuchung von Mensch-Computer-Interface und Dialog geschieht u.a. an psychologischen Verhaltensmodellen und anhand von Hirnmechanismen.
Assistenzfunktionalität eines Companion-Systems beruht auf Prozessen der Planung und Entscheidungsfindung, mit denen Nutzer und System gleichermaßen befasst sind. Das System leistet Entscheidungsunterstützung, indem es z.B. Handlungsvorschläge mit entsprechenden Begründungen versehen unterbreitet, die der Nutzer akzeptieren oder zurückweisen kann. Den Mittelpunkt der Untersuchung bildet die Identifikation und Modellierung von Entscheidungsparametern und Handlungsstrategien in biologischen und technischen Systemen. Die Nutzer werden solche Systeme nur akzeptieren, wenn sie verfügbar, kooperativ und vertrauenswürdig sind. Hier stellt sich in erster Linie die Frage, welche Merkmale einzelner Systemkomponenten und welche Merkmalskonstellationen aus technischer Sicht relevant sind, und welche von individuellen Nutzern als relevant empfunden werden. Diese Companion-Eigenschaften sind in kognitiven technischen Systemen zu realisieren.
Das gesamte Vorhaben verbindet synergetische interdisziplinäre Grundlagenforschung mit wichtigen gesellschaftlichen Anliegen. Companion-Technologie kann - insbesondere auch im Hinblick auf die Zukunft der alternden Gesellschaft - einen wichtigen Beitrag leisten: Ihr Anwendungspotenzial reicht von neuartigen individuellen Bedienhelfern für technische Geräte über eine neue Generation vielseitiger Organisationsassistenten und digitaler Dienstleister bis hin zu innovativen Unterstützungssystemen, z.B. für Patienten in der Rehabilitation oder für Menschen mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten.