Liebe, Ränke, Witz und Charme

06.10.2009 -  

Sommerliches Theater in Magdeburg

Ob im Garten der mittelalterlichen Möllenvogtei oder einer charmant heruntergekommenen Villa am Ufer der Elbe - Magdeburg hatte auch in diesem Sommer wieder gelungene Theater-Highlights zu bieten. Es gab ein besonderes Jubiläum, das mit einer der schönsten, leider aber viel zu wenig gespielten, Shakespeare-Komödien gefeiert wurde: Die freie Theatergruppe Poetenpack, bekannt vor allem durch ihr Shakespeare-Theater, beging das zehnjährige Bestehen mit Verlorene Liebesmüh', inszeniert von Andreas Hueck.

Rapp in Versen

Mit Temperament und schauspielerischer Finesse erlebte man Liebeslust und Liebesfrust. Das spanische Navarra wurde zum Ort von Missverständnissen und Liebeshändel, die auf wunderbare Weise das Lebensgefühl junger Leute widerspiegeln. Shakespeare, einmal mehr ein "moderner" und zeitloser Dichter, der auch einen hinreißend gespielten "Rapp in Versen" verträgt, als ein einziges Sandkastenspiel. Ein Spiel als Hin und Her zwischen den Geschlechtern - fünf Schauspieler in Doppelrollen. Und was so unglaublich als Extempore gespielt scheint, ist ein ganz echter und originaler Shakespeare.

Komödienklassiker

Was sich hinter der Metapher "Er ist tartuffisiert!" verbirgt, erfuhr man in Molières Komödienklassiker Tartuffe. Das Theater Maramero, bekannt für seine italienischen und französischen Lustspiele und Komödien, begeisterte in der traumhaft-schönen Kulisse des Gartens der Möllenvogtei mit einer Inszenierung von Andreas Lüder, die alle Register eines auf Sprachwitz und Situationskomik setzenden Theaters zog. Die Geschichte des scheinheiligen Heuchlers und Parasiten, des Herrn Tartuffe, der sich Haus und Hof des gutgläubigen Herrn Orgon erschleicht und durch List und Klugheit der Frauen doch noch ins Abseits manövriert wird, wurde mit schauspielerischer Lust und Verve hinreißend gespielt. Die temporeiche Inszenierung war mit Ironie und vielen Anspielungen gespickt, die Parallelen zu Erscheinungen unserer Tage offensichtlich machten. Tartuffe brachte es auf den Punkt: "Die Narren sind auf dieser Welt im Grunde alle gleich" und macht Molières Komödie unsterblich und immer wieder aktuell.

Mit Charme und Turbulenz

Ganz pariserisch mit Charme und Turbulenz machte das Theater an der Angel aus einer Farce ein Sommerstück und dabei ein ganzes (Theater-)Haus, die Villa am Elbufer, zum Hauptdarsteller. Aus Georges Feydeaus Der Floh im Ohr wurde nach "Art des Hauses" das Sommerspektakel Sommerfloh. Der "Juckreiz" legte sich auf die Lachmuskeln und die bestens aufgelegte Schauspielercrew um Ines Lacroix und Mathias Engel entfachte im Saal und Open Air - man spielte an Hausfassaden, Fenstern und Türen sowie auf einem "drehbaren" Sofa in einem verruchten Chambre séparée - ein Feuerwerk an Komödientheater, das mit Witz, Charme und Esprit zwischen Missverständnissen mit katastrophalen Folgen für den Ehefrieden von Madame und Monsieur Chandebise und ihrer "durchgeknallten" Freundin Lucienne und deren eifersüchtigen spanischen Gatten pendelt. Im Gasthof "Zum galanten Miezekätzchen" kommt es zum amourösen Showdown, die fein gesponnene Intrige gerät außer Kontrolle und das Liebeschaos mit einem gefälschten Brief und einem Versteckspiel wird zur Katastrophe. Die Akteure werden zu Fallenstellern, Jägern, Gejagten und Gehörnten und lassen es so richtig (französisch) jucken. Die Moral der Sommergeschichte gibt es musikalisch: "Und ringsum wirklich alles, alles lacht. Dann ist jene seltene Flohnacht in aller Pracht entfacht."

Letzte Änderung: 06.10.2009 - Ansprechpartner: Webmaster