Die "Wächter" des Zethlinger Mühlenberges
Experimentelle Archäologie in der Langobardenwerkstatt für Magdeburger Studierende
Bereits von Weitem sind sie sichtbar: Die zwei großen Astgabelidole, welche die Holzpalisaden weit überragen, sind seit August 2009 die neueste Errungenschaft der Langobardenwerkstatt Zethlingen.
Das Museumsdorf, welches von einem Förderverein unterstützt wird, wurde 1990 als Zweigstelle des Johann-Friedrich-Danneil-Museums Salzwedel ins Leben gerufen. Seither bilden die Experimentelle Archäologie und die Museumspädagogik die zwei wichtigsten Beschäftigungsgebiete der Werkstatt. Die Werkstatt selbst liegt auf einem germanischen Urnengräberfeld auf dem "Zethlinger Mühlenberg".
Aus der Germanenzeit
Auf diesem Brandgräberfeld aus dem 2. bis 6. Jahrhundert wurden mehrere Grubenhäuser, Rennöfen sowie ein "Bauerngarten" mit den für die Germanenzeit typischen Pflanzen und ein Hochspeicher nachgebaut. Vorlagen hierfür waren die bei Grabungen gefundenen Siedlungsreste und Eisenverhüttungsplätze.
Schulklassen oder Reisegruppen können hier entweder zu extra angemeldeten Terminen oder zu den offiziellen Veranstaltungen, zusätzlich zum Wissenserwerb über die Geschichte der in der Altmark siedelnden Germanen, durch Führungen oder Bildtafeln, auch aktiv das Leben dieser Zeit nachempfinden. Denn das Mitwirken beim Brotbacken, bei der Keramikherstellung, beim Gebrauch von Pfeil und Bogen, aber auch bei historischen Eisenverhüttungsverfahren und den textilen Web- und Färbetechniken ist vor allem für Kinder von hohem pädagogischem Wert.
Die Geschichte auch außerhalb von Lehrbüchern oder wissenschaftlichen Publikationen erleben zu können, ist nicht nur für Schüler, sondern auch für Studenten von großer Bedeutung. So ist es nicht verwunderlich, dass zwischen der Langobardenwerkstatt und der Universität Magdeburg schon seit Jahren eine rege Zusammenarbeit herrscht. Schon 1986, bevor hier das Museumsdorf entstand, wurden Ausgrabungen mit Magdeburger Studenten, damals von der Pädagogischen Hochschule, durchgeführt, welche mit kleinen Unterbrechungen bis heute regelmäßig weitergeführt werden.
Kultstätte nachgebildet
Auch die nun errichtete Kultstätte entstand im Rahmen dieser langjährigen Zusammenarbeit. Da in diesem Jahr keine Grabungen möglich waren, wurde das von Dr. Eckart Frey vom Institut für Geschichte angebotene Projekt im Rahmen der experimentellen Archäologie gestaltet. Dementsprechend wurde der Kultplatz nach kaiserzeitlichen und teilweise älteren Funden rekonstruiert. Den zwei, über drei Meter hohen, Astgabelidolen liegt ein Idolpaar aus dem Aukamper Moor bei Braak in Schleswig-Holstein zu Grunde. Eben solche Idole, wie sie seit der Steinzeit als Götzen der Fruchtbarkeitsgottheiten verwendet wurden, finden sich aber auch in den Mooren von Oberdorla (Thüringen) oder Broddenbjerg (Jütland). Die neun Studenten der Uni Magdeburg, welche zwei Wochen mit der Errichtung der Kultstätte beschäftigt waren, hatten dementsprechend die zwei Kiefernstämme so zu bearbeiten, dass diese den historischen Vorlagen entsprachen. Nachdem die Studenten das Gelände planiert, die Idole bearbeitet und die Palisade zur Abtrennung des Areals errichtet hatten, wurden die zwei Stelen aufgestellt und vor ihnen ein Altar platziert. Dieser wurde als, mit Steinen und Lehm aufgeschütteter, Rasenaltar mit Eckpfeilern zentral aufgebaut. Abschließend trieben die Studenten noch Holzstäbe rund um die Figuren und den Altar in den Boden, um eine Umhegung des Geländes gemäß der in Oberdorla gefundenen Haselstangenabsteckung zu gestalten.
Für die Studenten boten sich zwei arbeitsreiche Wochen in Zethlingen mit denen allerdings auch viel Vergnügen verbunden wurde. Ob bei den Exkursionen zum "Archäologischen Zentrum Hitzacker" und zur Ausgrabung bei Marwedel oder bei abendlichen Lagerfeuerrunden, Wissenserwerb und Spaß lagen oft dicht beieinander. Für das nächste Jahr wird vermutlich wieder ein Praktikum in Zethlingen vom Institut für Geschichte angeboten, bei welchem dann wieder Ausgrabungen durchgeführt werden.