Gestern, heute, morgen – wie wirkt Erasmus+ an deutschen Hochschulen?
Über 300 Hochschulvertreterinnen und -vertreter trafen sich am 19. und 20. September 2023 bei der Erasmus+-Jahrestagung der Nationalen Agentur (NA DAAD) im Deutschen Akademischen Austauschdienst an unserer Universität. Sie diskutierten über den Stand des Erasmus+ Programms unter dem Titel „Erasmus+ an meiner Hochschule – State of Play, Chancen und Herausforderungen“. Das EU-Programm Erasmus+ steht für Bildung und Austausch in Europa. Es ist das Erfolgsprogramm der Europäischen Union in alle Bildungsbereichen: Über 13 Millionen junger Menschen – Schülerinnen und Schüler, Auszubildende, Studierende oder Hochschulbeschäftige – haben daran in den letzten 36 Jahren teilgenommen. Allein eine Million davon kommen aus deutschen Hochschulen – und pro Jahr werden es knapp 50.000 mehr.
ERASMUS ist schon lange kein Nischenprogramm mehr
Dr. Stephan Geifes, Direktor der NA DAAD, erläuterte die Idee der Jahrestagung dabei wie folgt: „Das Programm Erasmus+ wird an allen deutschen Hochschulen angeboten. Studierende, Dozenten und Hochschulpersonal machen sich damit in Europa und der Welt auf den Weg, mit Menschen in anderen Ländern zu lernen und sich auszutauschen. Mit einem Budget von 200 Millionen Euro in diesem Jahr allein für Mobilitäten, ist es das größte Internationalisierungsprogramm an deutschen Hochschulen. Hinzu kommen zahlreiche Projektförderungen, beispielsweise die Förderung der sogenannten Europäischen Hochschulallianzen, wie sie EU GREEN eine ist. Das große Wachstum der vergangenen Jahre wie auch die qualitativen Veränderungen, insbesondere die weltweite Öffnung, haben den Stellenwert des Erasmus-Programms an den Hochschulen erhöht. Es ist schon lange kein Nischenprogramm der Mobilität im Bachelorstudium mehr, sondern adressiert die ganze Hochschule. Die neuen Möglichkeiten gehen dabei mit wachsenden Aufgaben bei der Ausgestaltung des Programms an den Hochschulen einher, d.h. Abstimmungen zwischen den International Offices und den Fakultäten werden immer wichtiger. Genauso mit der ganzen Hochschule: von den Hochschulleitungen für die Strategie bis hin zur IT für die technische Umsetzung. Anhand von erfolgreichen Praxisbeispielen zeigten die Erasmus+-Koordinatorinnen und -Koordinatoren, die an den Hochschulen für die Umsetzung des Programms verantwortlich sind, wie sie die Mobilität von 50.000 Menschen ermöglichen. Zugleich haben sie auf die notwendige Unterstützung ihrer Arbeit durch das Programm und die eigene Hochschule hingewiesen. Das Erasmus-Programm steht auf zwei starken Säulen: der Academia, die es umsetzt, und der Politik, die es unterstützt. Beide waren bei der Tagung anwesend.“
Rektor Prof. Dr.-Ing. Jens Strackeljan eröffnete die Veranstaltung gemeinsam mit DAAD-Vizepräsidentin Dr. Muriel Helbig, die zugleich Präsidentin der TH Lübeck ist. Beide unterstrichen die Bedeutung des Erasmus-Programms, für die Internationalisierung ihrer Hochschulen wie auch den gesamtgesellschaftlichen und globalen Wert, aufgrund des Einflusses in den Hochschulen. Zuletzt stellte Helbig fest, dass Erasmus+ eine Marke ist, die für die Internationalisierung in der Hochschulbildung steht wie keine andere.
Die Bedeutung des Programms unterstrich auch Dr. Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, in seinem Videogrußwort. Er würdigte die Arbeit der Hochschulen und die Ergebnisse von Erasmus+ als „Erfolgsgeschichte ohnegleichen“, die für Horizonterweiterung, internationalen Austausch, Chancengerechtigkeit sowie friedliches Miteinander stehe. Er machte deutlich: „Erasmus+ ist auf eine gute Zusammenarbeit mit den Hochschulen angewiesen, da nur sie das Programm mit Leben füllen können.“ Brandenburg sieht in der Jahrestagung „eine Plattform für einen gemeinsamen Ideen- und Erfahrungsaustausch“ und rief dazu auf, diese Chance zu ergreifen und sich inspirieren zu lassen für neue Impulse zur Zukunft von Erasmus+. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung ist auf Bundesebene für das Erasmus+-Programm zuständig und finanziert u. a. die Nationale Agentur für Erasmus+-Hochschulzusammenarbeit im DAAD, um die EU-Mittel zu verwalten und an die deutschen Hochschulen weiterzuleiten.
Von der Theorie hinein in die Praxis
An beiden Tagen stellten die NA DAAD sowie Projektverantwortliche aus den Hochschulen zusätzlich in 14 thematisch unterschiedlichen Sessions ihre Erfahrungen aus der Praxis vor, um Kolleginnen und Kollegen zu informieren, zu motivieren, Hürden abzubauen und Fragen zu diskutieren. Ein Angebot, das sehr gern angenommen wurde. So gab es in einer Session Einblicke in die strategische Nutzung verschiedener Fördermöglichkeiten mit Tipps für die Schaffung von Synergien, oder man erfuhr in einer anderen, was die Digitalisierungstendenzen in Verwaltung und Lehre für die Strategien der Hochschulen bedeuten. Auch die Anerkennung von Leistungen im Erasmus+-Semester, die Bedeutung von Macrons Europäischen Universitäten oder etwa die interne Kommunikation zur Information über das Programm sowie dessen Chancen und Erfolge kamen in entsprechenden Angeboten zur Sprache. Ein Thema hatten dabei alle Sessions gemein, die Möglichkeiten, das Programm vorteilhaft in die Strategie der Hochschule zu integrieren und Synergien mit den unterschiedlichen Bereichen und Serviceabteilungen zu schaffen. In diesen Runden hatten die Tagungsgäste außerdem Gelegenheit, sich über künftige Formate des europäischen Austauschprogramms zu verständigen und aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der europäischen Hochschulzusammenarbeit zu erörtern. Auch wurde diskutiert, wie dringend benötigte Ressourcen für das inzwischen sehr komplexe Programm künftig akquiriert werden können.
Nach zwei Tagen intensiver Auseinandersetzung mit den Chancen und Herausforderungen des Programms ließ sich feststellen, dass der weitere Erfolg von Erasmus+ der Unterstützung aller Akteure in den Hochschulen bedarf. Das Herz der Erasmus-Koordinatorinnen und -Koordinatoren schlägt für das Bildungsprogramm zur „Menschenverständigung“ innerhalb der EU; sie unterstützen es durch ein überdurchschnittliches, persönliches Engagement in den Akademischen Auslandsämtern der Universitäten. Diese Rolle würdigte die Tagung und betonte zugleich die Notwendigkeit, die Koordinatoren und Koordinatorinnen weiter zu unterstützen.
Susanne Reich