Wissenschaftliche Expertise in Gesetzesgebung eingebracht

13.08.2024 -  

Neben ihrer Tätigkeit in Lehre und Forschung engagieren sich Wissenschaftler*innen unserer Universität in anderen gesellschaftlichen Bereichen und geben ihre Expertise weiter. Prof. Dr. Sebastian Eichfelder von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft war kürzlich als Experte beim Rechtsauschuss des Deutschen Bundestages eingeladen. Der Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre brachte seine professionelle Einschätzung zum Entwurf des 4. Bürokratieentlastungsgesetzes in die Sitzung ein. Er betonte dabei die Wichtigkeit einer Senkung der Bürokratiekosten von Unternehmen bezweifelte aber, dass die geplante Reduzierung der Aufbewahrungspflicht für Unterlagen der Buchhaltung zu einer nennenswerten bürokratischen Entlastung führen wird. Prof. Dr. Sebastian Eichfelder hat uns einige Fragen beantwortet.

 

Wie ist es dazugekommen, dass Sie als Experte zu der Ausschusssitzung geladen wurden?

Ich arbeite bereits seit meiner Promotion im Bereich der Schätzung und Analyse der Bürokratiekosten von Unternehmen im Bereich Steuern und Rechnungslegung. Im Jahr 2020 habe ich zum Beispiel ein Drittmittelprojekt für die FPD-Bundestagsfraktion durchgeführt, in dem es um die Schätzung der Bürokratiekosten durch die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer während der Corona-Pandemie ging. Die konkrete Anfrage hat aber wohl auch etwas damit zu tun, dass mein ehemaliger Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Jonas Knaisch seit Mai als Fachreferent Steuern für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen tätig ist, von der die Anfrage kam.

 

Wie würden Sie das vierte Bürokratieentlastungsgesetz zusammenfassen?

Das 4. Bürokratieentlastungsgesetz sieht eine Fülle von Maßnahmen vor, die zum Bürokratieabbau beitragen sollen. Das Gesetz weist mehr als 60 Artikel zu Änderungen verschiedenster Gesetze auf – etwa zum Handelsgesetzbuch, der Abgabenordnung, etc. Ich habe mich mit meinen Wortbeiträgen in der Ausschusssitzung insbesondere auf eine Maßnahme des Gesetzes konzentriert. Das Gesetz sieht vor, Aufbebwahrungsfristen für handels- und steuerrechtliche Unterlagen von 10 auf 8 Jahre zu verkürzen. Daraus soll dem Gesetzesentwurf zufolge eine Senkung der Bürokratiekosten von 625 Millionen Euro resultieren. Dies sind etwa 2/3 der gesamten im Entwurf vorgesehenen Kosteneinsparungen von 944 Millionen Euro. Diese erheblichen Kosteneinsparungen aufgrund einer reinen Reduktion von Aufbewahrungsfristen erscheinen aber aus betriebswirtschaftlicher Sicht absolut unrealistisch. Ich habe mit verschiedensten Praktikern gesprochen und auch die Plausibilität des zugrundeliegenden Berechnungsmodells geprüft. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Maßnahme einer Reduktion der Aufbewahrungsfristen wenig sinnvoll erscheint und praktisch nichts zur Entlastung von Unternehmen hinsichtlich der Bürokratiekosten beitragen wird. Darauf habe ich in der Ausschusssitzung hingewiesen und die Notwendigkeit von weitergehenden Maßnahmen zur bürokratischen Entlastungen von Unternehmen betont.

 

Was ist ihre persönliche Motivation sich in der Poltikberatung zu engagieren?

Letztlich geht es für mich darum, einen positiven Beitrag für die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland und das Gemeinwohl zu leisten. Meine Forschung, wie auch die Forschung von vielen meiner Kollegen, führen zu interessanten und auch zum Teil gesellschaftlich relevanten Erkenntnissen. Diese werden sich jedoch nur dann positiv für die Gesellschaft auswirken, wenn sie in der Öffentlichkeit und in der Politik wahrgenommen werden. Der Bürokratieabbau erscheint mir insgesamt als ein wichtiges Anliegen – gerade auch in Zeiten des Fachkräftemangels. Wenn ich durch meine Expertise etwas zu diesem Ziel beitragen kann, oder auch wenig sinnvolle Maßnahmen verhindern kann, dann freut mich das sehr.

 

Vielen Dank Herr Professor Eichfelder für das Gespräch.

 

Das Gespräch führte JANINA MARKGRAF.

Letzte Änderung: 17.09.2024 - Ansprechpartner: Webmaster