Mehr Demokratisierung
Stellungnahme des Gesamtpersonalrates zur Neufassung des Landeshochschulgesetzes
Die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt ist 1994 u.a. mit dem Anspruch angetreten, das Hochschulgesetz des Landes zu novellieren. Seit Herbst 1994 wurde an dieser Aufgabe gearbeitet. Unter Federführung des Kultusministeriums entstanden mehrere Novellierungsentwürfe, an denen die Betroffenen teilweise selbst mitarbeiten konnten. Die ersten Entwürfe enthielten viele fortschrittliche Ideen und Gedanken, insbesondere zur Hochschuldemokratie und zur Frauenförderung. Allerdings wurden die Fortschritte mit jeder Überarbeitung zugunsten konservativer Positionen zurückgenommen.
Neuer Entwurf
Mit dem Datum vom 18.6.97 hat das Kultusministerium einen „Entwurf der vorgesehenen Neufassung des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (HSG-LSA) nach der Novellierung“ in den Landtag eingebracht, der von den uns bekannten Entwürfen ganz wesentlich abweicht und den ursprünglichen Zielstellungen nicht mehr entspricht.
So wird z.B. im § 73 die angestrebte hochschulöffentliche Tagung von Senat und Fachbereichen wieder rückgängig gemacht, die vorgeschriebene Veröffentlichung der wesentlichen Beratungsgegenstände ist wieder gestrichen. Dabei ist allen Hochschulmitgliedern klar, daß Information die erste Voraussetzung für eine Mitwirkung, für eine Mitverantwortung, ja für Interesse und Identifikation der Beschäftigten ist.
Die im Gesetzentwurf ausgewiesene automatische Mehrheit der Statusgruppe Hochschullehrer in den entscheidenden Hochschulgremien ist derzeit noch nicht veränderbar, weil die bundesdeutsche Gesetzgebung im Hochschulrahmengesetz diese mit dem Demokratieverständnis wenig zu vereinbarende Festlegung zwingend vorschreibt. Das in den §§76 und 77 verankerte Verhältnis der Sitze von 6:2:2:1 für die Statusgruppen verhindert wenigstens die Willkür einer wesentlich über 50% hinausgehenden Professorenmehrheit.
Die §§81 „Andere Formen der Hochschulleitungen“ und 123 „Erprobungsklausel“ sollen die Selbstverwaltung der Hochschule stärken und Entscheidungsprozesse vereinfachen, sie stiften jedoch eher Verwirrung.
Die Personalräte der Hochschulen sind im Gesetz mit keinem Wort erwähnt, so als würden sie gar nicht existieren. Ihre Kompetenzen innerhalb der Verwaltung müssen jedoch unbedingt geklärt sein, wenn es um Veränderung von Strukturen geht.
Die beabsichtigte Neuformulierung des §103 „Sprachenzentrum“ und des §104 „Hochschulsportzentrum“ bringt keine Verbesserung, sondern hat bereits jetzt zur Verunsicherung der Beschäftigten beigetragen.
Der Abschnitt 2 „Studium und Lehre“ (betrifft die §§6 bis 21) ist im wesentlichen wieder auf den Wortlaut im bestehenden Gesetz zurückgeändert worden.
Im Abschnitt 11 „Hochschulmedizin“ ist der Artikel I des Gesetzes zur Entwicklung der medizinischen Fachbereiche in den §§93 bis 97 eingefügt worden.
Der §118 „Personalrechtliche Übergangsregelungen“, der nach unserer Auffassung entfallen kann, enthält auch nach der Überarbeitung noch immer veraltete Regulierungen.
Der einzige bemerkenswerte Satz: „Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen bisherigen Rechts gehören als Hochschuldozenten oder Hochschuldozentinnen der Gruppe der Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen nach §69 Nr.1 an.“ kann direkt im §69 untergebracht werden.
Flexibilisierung
Positiv ist zu vermerken, daß der Novellierungsentwurf einige Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Haushalts enthält, die Mitwirkungsrechte des Personalrates bei der Bewirtschaftung des Stellenplanes wird von uns aber angemahnt.
Weiterhin enthält der Entwurf eine Reihe von Hinweisen auf die Frauenförderung. Die Stellung der Gleichstellungsbeauftragten wird insgesamt gestärkt, wobei einige Formulierungen kürzer und deutlicher hätten gefaßt werden können.
Der Gesamtpersonalrat wird sich gemeinsam mit dem Personalrat der Universität (außer FME) und dem Personalrat der Medizinischen Fakultät bemühen, bei der Behandlung des Novellierungsentwurfes im Bildungsausschuß des Landtages Einfluß zu nehmen. Wir wollen erreichen, daß die bereits diskutierten Ansatzpunkte der Demokratisierung in der Gremienarbeit der Hochschulen in die Novelle aufgenommen werden.
Dr. Norbert Weist