Wer kann am besten vorlesen?
Immer mehr „Schülerinnen und Schülr lesen PLATT“
Klapperstorch, Knäpper, Langbeen, Heilebart, Heinotter oder Stork – im niederdeutschen Sprachgebiet von Sachsen-Anhalt gibt es viele Bezeichnungen für den Weißstorch mit seinen langen Beinen und dem roten Schnabel. Im vergangenen Jahr war er das „Maskottchen“ des Vorlesewettbewerbs „Schülerinnen und Schüler lesen PLATT“, der unter der Schirmherrschaft des Kultusministers Karl-Heinz Reck steht. Organisiert wurde er zum dritten Mal von der Arbeitsstelle Niederdeutsch am Institut für Germanistik in enger Zusammenarbeit mit dem Landesheimatbund. „Anliegen des Wettbewerbs ist es, das Sprechen der Mundart zu befördern“, erläutert Dr. Saskia Luther von der Arbeitsgruppe Niederdeutsch. „Die Beschäftigung mit dem Dialekt und den durch diesen bedingt auftretenden Fehlern im Sprachgebrauch hilft dabei, die Standardsprache und das Sprachgefühl zu verbessern.“
Eine wissenschaftliche Erhebung ergab, daß vor allem in der ländlichen Region zwischen Salzwedel, Wernigerode und Zerbst durchschnittlich 40% der Erwachsenen gut und sehr gut Platt sprechen. Diese Tatsache und zahlreiche Kontakte zum Institut für Niederdeutsche Sprache in Bremen führten zur Idee des Vorlesewettbewerbs wie er auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein seit Jahren durchgeführt wird. Aber auch von Lehrern und Mundartautoren kamen Anregungen zu diesem Ausscheid. Der Landtag von Sachsen-Anhalt hatte sich 1991 dazu bekannt, die Pflege des Niederdeutschen zu unterstützen und zu fördern.
„Die Beschäftigung mit Regionalsprache und Dialekt hat eine hohe kommunikative und sprachgeschichtliche Wertigkeit“, schätzt Dr. Ursula Föllner von der Arbeitsgruppe ein. Mundartliche Sprachkenntnisse helfen, Heimatgefühl zu entwickeln, Traditionen, Bräuche und Geschichte der Regionen besser zu verstehen und erleichtern den Umgang der Menschen untereinander. Eigens für den Wettbewerb wird alle zwei Jahre ein Lesebuch erarbeitet, in dem Mundartautoren und -sprecher speziell für Kinder Tiergeschichten, Erinnerungen von Oma und Opa, Sagen- und Märchenhaftes oder kaum zu Glaubendes aufschreiben. Gar nicht so einfach gestaltet sich das zu Papier Bringen der im Dialekt erzählten oder gehörten Geschichten, Sagen oder Märchen, da es zwar einige grundsätzliche Regeln gibt, ein niederdeutscher Duden jedoch nicht existiert.
Immer mehr junge Mundartsprecher nehmen am Vorlesewettbewerb teil, so kamen im vergangenen Jahr Teilnehmer von 40 Schulen. Sie hatten sich in den Wettbewerben an ihren Heimatschulen und in den drei Regionalausscheiden der Mundartgebiete Börde, Altmark und Harz qualifiziert. Vor einer Jury aus Mundartsprechern, einem Vertreter der Arbeitsgruppe und vielen Zuschauern mußten die kleinen Leserinnen und Leser ihr Können unter Beweis stellen. Die Sieger erwarteten viele Geld- und Sachpreise, die der Ostdeutsche Sparkassen- und Giroverband zur Verfügung gestellt hatte.