Im Archiv geblättert

13.03.1993 -  

Frühe „Westkontakte“

Im Mai 1948 wurde im Auftrag der Kammer der Technik (Organisation von Wissenschaftlern technischer Disziplinen, Ingenieuren und Ökonomen der DDR) eine Denkschrift über die Errichtung einer technischen Hochschule in Magdeburg erstellt. Darin wurde festgestellt, daß die Technische Hochschule in Dresden den großen Bedarf an technischen Fachkräften nicht ausbilden könne: „Im jetzigen Zustand ist nicht zu verkennen, daß viele Studenten nach den Hochschulen im Westen abwandern“.

Viel sprach für Magdeburg

Nach Ansicht der Autoren der Denkschrift sprach viel für Magdeburg als künftige Hochschulstadt. Die Stadt war eines der deutschen Zentren des Schwermaschinenbaus, verfügte aber auch über eine chemische Groß- und Kleinindustrie. In der Umgebung Magdeburgs befanden sich zahlreiche Berg- und Hüttenwerke. Obwohl der Magdeburger Magistrat bereits 1948 bei der Landesregierung in Halle die Gründung einer Hochschule in der Stadt beantragte, vergingen noch fünf Jahre, bis im September 1953 die ersten 532 Studenten ihr Studium aufnahmen. Mit der Bildung der Spezialhochschule für Schwermaschinenbau in Magdeburg wollte man in gewisser Weise auch ein Gegenstück zur traditionsreichen Technischen Hochschule in Braunschweig schaffen, an der schon vor dem Krieg viele in Mitteldeutschland tätige Ingenieure ihre Ausbildung erhalten hatten, unter ihnen der erste Leiter der Magdeburger Hochschuleinrichtung, Dr. Heinz Schrader, der nicht nur gebürtiger Braunschweiger war und an der Hochschule seiner Heimatstadt studiert hatte, sondern dort auch zum Dr.-Ing. promovierte.

Obgleich die Regierung der damaligen DDR mit den Beschlüssen zur Bildung der Hochschule für Schwermaschinenbau in Magdeburg das Bestreben nach Unabhängigkeit vom „Westen“ verband, sah die Praxis doch anders aus. Im Bewußtsein, daß sich Forschung nicht im luftleeren Raum entwickelt, waren besonders die älteren Wissenschaftler, trotz politischer Hindernisse, bemüht, noch vorhandene persönliche Kontakte zu Angehörigen von Hochschuleinrichtungen, aber auch zu Industrieunternehmen der Bundesrepublik Deutschland nicht abreißen zu lassen.

Intensive Kontakte bis 61

Im Universitätsarchiv Magdeburg lagernde Ein- und Ausreisebücher geben Auskunft über die Häufigkeit der Reisen der Magdeburger Akademiker, aber auch über die Anzahl der Gäste, die die Einrichtung besuchten. Es zeigt sich, daß die Kontakte bis zum Sommer 1961 sehr intensiv waren, jedoch auch später nicht gänzlich abrissen. Führten 17 Reisen in der ersten Hälfte des Jahres 1961 in die damaligen sozialistischen Länder, so waren es immerhin 28 Reisen in die Bundesrepublik Deutschland, davon acht nach Braunschweig. Ausführliche Berichte über die Besuchsreisen ergänzen das im Archiv vorhandene statistische Material.

Carmen Schäfer, Isa Schirrmeister

Letzte Änderung: 13.03.1998 - Ansprechpartner: Webmaster