Josef von Fraunhofer

08.06.1998 -  

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Namensgeber wissenschaftlicher Institutionen in Magdeburg vorgestellt (2)

Im Jahre 1801 stürzte in München das Haus des Hofspiegelmachers und Glasschleifers Philipp Weichselberger ein. Dessen 14jähriger Lehrling Joseph Fraunhofer überstand das Unglück unbeschadet. Der Vorfall wurde zum Stadtgespräch. Selbst Kurfürst Joseph Maximilian IV. von Bayern lud den auf so wundersame Weise Erretteten zur Audienz, schenkte ihm 18 Dukaten und versprach „ihm Vater sein zu wollen, falls es ihm an etwas mangele“. Bisher war das Leben des am 6. März 1787 in Straubing geborenen 11. Kindes eines armen Glasermeisters wenig glücklich verlaufen. Die Mutter war früh gestorben. Seit 1798 war Joseph Vollwaise und wurde der Obhut zweier Vormünder anvertraut.

Mit Linsen experimentiert

Doch nun sollte alles anders werden. Der Glaserlehrling konnte fortan eine Feiertagsschule besuchen und Fachbücher, wie die 1778 erschienene „Analytische Dioptrik“ des Mathematikers Georg Klügel, erwerben. Neben dem Selbststudium, in dessen Verlauf Fraunhofer sich Grundlagen der Physik und Optik aneignete und derzeit noch ungelöste Probleme erkannte, begann er, Theorie und Praxis verbindend, in der Werkstatt des Optikers Joseph Niggl mit optischen Linsen zu experimentieren. 1804 konnte der Autodidakt sich von seinem Lehrmeister freikaufen und widmete sich fortan ganz seinen Studien und Forschungen. Die 1806 begonnene Tätigkeit als Optiker im Mathematisch-mechanischen Institut Reichenbacher, Utzschneider und Liebherr vermittelte ihm zusätzlich ingenieurtechnische und betriebswissenschaftliche Kenntnisse.

1809 wurde Fraunhofer technischer Leiter eines Betriebes für die Herstellung optischen Glases in Benediktbeuren, 1814 dessen Mitgesellschafter. Indem er an die Stelle des damals üblichen Probierens bei der Her- und Zusammenstellung von Linsensystemen wissenschaftliche Erkenntnisse und Konstruktionsmethoden setzte, reformierte er die Herstellung optischer Linsen und die Berechnung achromatischer Objektive entscheidend. Die genaue Kenntnis des Brechungs- und Zerstreuungsvermögens der verwendeten Glassorten ermöglichten es ihm, in der Produktion von Fernrohren, Heliometern und anderen Forschungs- und Prüfgeräten eine international führende Position einzunehmen. Die wissenschaftlichen Grundlagen dieser Produktion lieferten Fraunhofer die auf der Suche nach fixen Markierungen zur genauen Definition der Farben des Spektrums entdeckten, später nach ihm benannten, dunklen Linien im Sonnenspektrum, welche jeweils einer ganz bestimmten Brechkraft entsprachen. Seine neuen Erkenntnisse publizierte Fraunhofer 1817 in einer Denkschrift unter dem Titel „Bestimmung des Brechungs- und Farbzerstreuungs-Vermögens verschiedener Glasarten in bezug auf die Vervollkommnung der achromatischen Fernröhre“, einem Paradebeispiel angewandter Forschung. Die Königlich-bayerische Akademie der Wissenschaften in München ernannte ihn aus diesem Grunde zu ihrem korrespondierenden Mitglied und berief ihn 1819 zum Professor. Zudem wurde Fraunhofer 1822 Ehrendoktor der Universität Erlangen und 1823 besoldeter Professor und Konservator des Physikalischen Kabinetts der Bayrischen Akademie der Wissenschaften.

Ein Orden vom König

Der inzwischen zum König gekrönte Joseph Maximilian verlieh 1824 dem einstigen „Adoptivsohn“, dem es mittlerweile an nichts mangelte, denn an Gesundheit, den Zivil-Verdienst-Orden, mit welchem auch der persönliche Adel verbunden war. Doch die Glückssträhne war gerissen. Noch jung an Jahren starb Joseph von Fraunhofer am 7. Juni 1826 in München an „Lungen und Nervenschwindsucht“ gleichsam Opfer seines Berufes, denn die Krankheit hat er sich zweifellos durch den ungeschützten Umgang mit Bleidämpfen und Glasstaub zugezogen.

Die nach Joseph von Fraunhofer benannte „Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V.“ wurde am 26. März 1949 als gemeinnützige Gesellschaft für angewandte und anwendungsorientierte Forschungsarbeiten vor allem auf dem Gebiet der Ingenieur- und Naturwissenschaften mit Sitz in München gegründet. Ihre hochspezialisierten Institute sind heute über die gesamte Bundesrepublik verteilt. Auch in Magdeburg ist seit 1992 das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF ansässig, welches an modernsten technischen Systemlösungen, vom Service-Roboter bis zur Konfiguration kompletter Fabriken, arbeitet. Zur Universität bestehen enge Kooperationsbeziehungen.

Gerald Christopeit

Letzte Änderung: 08.06.1998 - Ansprechpartner: Webmaster