Mit Open air durch den Magdeburger Kultursommer
Wer da glaubt, daß in den Sommermonaten in Magdeburg kulturell nichts los sei, der irrt gewaltig. Auch in diesem Jahr bietet der „Magdeburger Kultursommer“ Interessantes und Spektakuläres, lädt zu Jazz im Park, Ausstellungen in Museen, Kino in der Kaserne und vor allem zu „Kultur-Open-air“ ein.
Neue Welt
Den Reigen der kulturellen Highlights 98 unter (sommerlich) freiem Himmel eröffnen am 26. Juni die Freien Kammerspiele mit dem „Kammer Open Air 1998“. Bis zum 18. Juli (täglich 21 Uhr, außer montags) kann man dann im Sport- und Schwimmstadion „Neue Welt“ ein Zusammenspiel vielfältiger Kunstformen erleben. „NEUE WELT NEUE WELT WELT WELT“ heißt diese Sommerrevue, gedacht als ein sinnlich-nachdenkliches Spektakel für jedermann. Die Geschichte dieses 1930 geschaffenen Naherholungszentrums zwischen Biederitzer Busch und Berliner Chaussee bietet Stoff für das Erzählen von Geschichten um Menschen, deren Schicksale mit der „Neuen Welt“ verbunden sind. Und es sind nicht nur „erholsame“ Geschichten, sondern auch leidvolle, geprägt durch die Nazi-Zeit. In einem Riesenspektakel begeben sich die Schauspieler der Freien Kammerspiele mit Gästen aus dem In- und Ausland auf „Spurensuche“ zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Mit allerlei Gefährten werden Götter gesucht, naßforsche Bademeister und einstige Schwimmhelden gefunden, waghalsige Kopfsprünge und spritzige Szenen gestellt und tiefschwarzer Humor aus der „Theater-Zauber-Kiste“ geholt. Das Ganze mit Musik u.a. von Sax’n Anhalt und natürlich einem regen Markttreiben ab 20 Uhr vor jeder Vorstellung.
Sommernachtstraum
Poetisch, verträumt und wundersam geht es vom 8. bis 22. Juli täglich um 21 Uhr (außer montags) wieder im Innenhof des Puppentheaters zu. Der große Publikumserfolg der poetischen Inszenierung „Ein Sommernachtstraum“ von Shakespeare wird wegen der großen Nachfrage auch in diesem Jahr das Publikum begeistern. In einer phantasievollen Mensch-Puppen-Synthese bringen die Magdeburger Puppenkünstler das Stück als Fest für alle Sinne in den Hof. Was sich vor begrüntem Hintergrund auf, unter und über der Bühne, inmitten der Zuschauer und in großen Bäumen abspielt, ist mit Worten kaum zu beschreiben, ist ein sinnliches Erlebnis von großer Wirkung. Daß man dabei vielerlei Überraschungen, auch kulinarische, erleben kann, sollte erst recht Anreiz zum Hingehen sein.
American Weh of Leid
Wer allerdings Lust auf „geistige“ Big-Macs, Fast-Food und ‘ne ganze Menge schwarzen Humor hat, für den dürfte in diesem Kultursommer der Innenhof der Galerie Süd wieder das Richtige sein. Die Kabarettgemeinschaft Börde (KGB) präsentiert vom 23. Juli bis 22. August (donnerstags bis sonntags) ihr Programm „American Weh of Leid“. Was das kabarettistische „Dream-Trio“ Hengstmann&Götz&
Schäfer in Sachen scharfzüngiger Politsatire bietet, ist umwerfend komisch und nachdenklich zugleich. Die drei, musikalisch bestens präpariert, gehen der Frage nach: „Wie amerikanisch ist eigentlich unsere deutsche Wirklichkeit?“ Und sie fördern als bissige Antworten Erstaunliches, Nachdenkliches, Absonderliches und viel Wahres zu tage. Daß 100 Tage nach Amtsantritt der neuen Landesregierung die scharfzüngige „Bilanz“ dieser Zeit nicht fehlen wird, ist so gewiß, wie die herrlichen Szenen in diesem Programm zur „Wahlkampf-Manie“ in unserem Land. Dieses „Open-air-Festival“ der schwarzhumorigen Comedy ist in diesem Sommer mein kultureller „Geheimtip“.
kultur/verfall
Auf dem ehemaligen Kasernengelände Zuckerbusch 23 bietet die „KulturSzeneMagdeburg e.V.“ knapp sieben Wochen lang mit Unterstützung des Kulturamtes der Landeshauptstadt Magdeburg und des Magdeburger KulturSzeneMagazins „Günter“ vom 25. Juni bis 3. August eine Mischung aus Programmkino, Theater und mehr. Mit einer sehr breiten Filmauswahl – vom alten DEFA-Film „Spur der Steine“ bis zum Main-Stream-Erfolg „Romeo und Julia“ – möchte das Sommerprojekt „kultur/verfall“ versuchen, für jeden einen filmischen Leckerbissen zu bieten. Auch wenn der Moritzhof, der in den vergangenen Jahren Heimstätte des Kinosommers war, in diesem Jahr geschlossen bleibt, müssen die Magdeburger trotzdem nicht auf eine Alternative zum Kommerzkino verzichten. Mehrere Theateraufführungen freier Gruppen, eine Lesung und Musik runden die Veranstaltungsreihe ab, die in dieser Form einmalig sein wird.
Dr. Herbert Henning/PM