Nichts ist unmöglich, aber alles (außer) Kontrolle
20. Programm des Kabaretts "Prolästerrat" für Studienungelegenheiten
Mit dem 20. Programm des vor 36 Jahren gegründeten Studentenkabaretts Prolästerrat für Studienungelegenheiten der Otto-von-Guericke-Universität gelang der studentischen Kabarett-Crew ein Volltreffer. Brillante Texte mit zündenden Pointen in kurzen, knackigen Szenen, unbändige Spiellaune der fünf Akteure und das exzellente musikalische Können von Thomas Engels (Klavier) und Gregor Aisch (Gitarre) sorgen für eine Lachkanonade. Das Publikum bei der Premiere im Dezember 2008 feierte die junge, schwungvoll und mit Elan satirisch auftrumpfende Truppe auf der Bühne, die sich für ihr Programm Alles (außer) Kontrolle? mit Cynthia Kundt und den beiden Musikern neu formiert und "verjüngt" hat und von Regisseur Knut Müller-Ehrecke zu einem wahren kabarettistischen "Höhenflug" motiviert wurde.
Mit spöttischem Blick
Der Titel des 20. Programms thematisiert nicht nur Kontrollzwänge, Kontrollpflichten, Kontrollwahn, Kontrollgefahren und Kontrollmisssbrauch. Alles (außer) Kontrolle? stellt aktuelle Fragen unserer Zeit: Ist der Finanzmarkt noch finanzierbar und wer kontrolliert eigentlich die Banken? Sind die EU, das Klima und überhaupt die Politik samt Politikern außer Kontrolle? Hat die Politik sich noch unter Kontrolle und wie viel Kontrolle mutet Wolfgang Schäuble uns noch zu? Leidet unser Körper unter Kontrollverlust und entzieht sich Fernsehen und Werbung bald gänzlich unserer Kontrolle? Kontrolle, nichts als Kontrolle und das Programm beantwortet mit spöttischem Blick auf unsere Wirklichkeit zwischen Kaufrausch, Finanz- und Bankenkrise, Klimawandel, Bildungsnotstand und Gewalt in den Schulen diese Fragen auf höchst unterhaltsame Art und Weise.
Mit der richtigen Mischung
Dass sich Marko Pohlodek, Anna Pysall und mit umwerfendem spielerischen Talent fürs Kabarett Anika Janakiev einen Teil ihrer Texte selbst geschrieben und mit Olaf Kirmis, Heiko Röhl, Bianca Tönnies und Steffen Kilz "Prolästerrat"-Barden früherer Zeiten pointierte Texte beigesteuert haben, macht das Spiel der studentischen Crew noch authentischer, wenngleich, auch bei diesem Programm macht es die Mischung zwischen Wort und Musik. Die beiden neuen Musiker, die gelegentlich auch als "Mitspieler" agieren, sind ein echter Gewinn.
Mit Neulingen
Thomas Engels, Student der Biosystemtechnik mit Musikausbildung und Erfahrungen in mehreren Bands leistet am Klavier bei den musikalischen Beiträgen mit frechen Texten nach Musik von Rosenstolz, Rammstein, den Prinzen, Brian May und Steve van Velvet, Otto Reutter und ein bisschen Beethoven sowie der FDJ-Hymne Bau auf, bau auf ... Freie Deutsche Jugend, bau auf ganze Arbeit und wird von Gregor Aisch an der Gitarre wirkungsvoll unterstützt. Die Spieler Anika Janakiev, "Neuling" Cynthia Kundt, Anna Pysall, Timm Kaufmann und Marko Pohlodek präsentieren sich in Hochform.
Man erfährt viel Neues in diesem Programm. In einem hinreißenden Solo doziert Anika Janakiev über die Kunst, "schwarze Löcher" zu stopfen. Timm Kausmann und Marko Pohlodek lassen als "Zugbegleiter" kein gutes Haar am Service der Deutschen Bahn und im "Kommerzquartett" erlebt man ausschließlich mit Werbetexten eine hinreißende Persiflage auf Werbe- und Konsumverhalten: Wie, wo, was ist Werbung? Dazwischen Nachdenkliches über unkontrolliertes Essen und Essstörungen mit Anna Pysall und dem Lied Ich bin ich, und ich bin dick und ein Plädoyer für den Klimaschutz und die Erhaltung der Artenvielfalt - beeindruckend Das Eis taut nach einem Song von Rammstein. Im Finale behaupten sie Das alles ist Deutschland und noch viel mehr und wünschen sich für die nächsten Jahre einen "Prolästerrat"-Tourbus. Nach dieser Premiere hätte sich Magdeburgs (Vorzeige-)Studentenkabarett das mehr als verdient.
Die nächsten Vorstellungen sind am 6. und 28. Februar 2009 um 20 Uhr in der Feuerwache Sudenburg, Halberstädter Straße 140, telefonische Kartenvorbestellung unter 0391 60 28 09.
Herbert Henning