Dem Quecksilber zu Leibe rücken

24.11.1997 -  

Vakuumphysik stellt Entgiftungsmethode vor

Die Vakuumdemercurierung stand Ende Oktober 1997 im Mittelpunkt eines Workshops der Abteilung Vakuumphysik des Instituts für Experimentelle Physik. Dahinter verbarg sich ein Erfahrungs- und Gedankenaustausch zur Beseitigung von Quecksilber – Demercurierung – in konterminierten Böden, Bauschutt oder Industrieabfällen. Zu nutzen ist dazu u.a. auch das Vakuum. In einem bereits eingesetzen derartiges Verfahren beträgt in einem Druckbereich von 100mbar die Temperatur zum Verdampfen des Quecksilbers bis zu 500 °C. Zu hoch, um quecksilberbelastete Böden nach der Dekonterminierung in den natürlichen Kreislauf zurückzuführen. Alle Mikroorganismen wären abgetötet. Die Magdeburger Vakuumphysiker schafften es nun, durch das Verringern des Drucks auf bis zu 10-4 mbar die Prozeßtemperatur auf ca. 60 °C abzusenken. „Dadurch bleiben ein Teil der Bodenbakterien erhalten, es erfolgt keine Dioxinbildung und keine Verschlackung kalkhaltiger Bestandteile. Das Verfahren ist umweltfreundlich und ein rekultivierbarer Ackerboden bleibt erhalten. Die erforderliche Heizleistung sinkt auf etwa zehn Prozent gegenüber den Hochtemperaturprozessen ab“, erläuterte Prof. Dr. Christian Edelmann, Leiter des Instituts für Experimentelle Physik.

Laboranlage vorgestellt

Auf dem Workshop stellte das Forscherteam unserer Universität die Konzeption einer Laboranlage zur Demercurierung bei Drücken von bis zu 10-4 mbar vor. Möglichst bald soll in Magdeburg auch eine Pilotanlage für die „Vakuum-Entquecksilberung“ entstehen. Unterstützt wird dieses Projekt von der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Magdeburg (GWM), deren Träger die Stadt ist.

„In Zusammenarbeit mit der Universität sehen wir einen wichtigen Ansatz, vorhandene Forschungsergebnisse zügig in die Praxis zu überführen und somit zukunftsweisende Arbeitsplätze für die Region zu schaffen“, erklärte hierzu Klaus-Dieter Fischer, Geschäftsführer der GWM. Ihr Ziel ist es, Magdeburg als Referenzstandort für Pilotprojekte der Hochtechnologie des Maschinen- und Anlagenbaus, der Elektrotechnik sowie der Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen so attraktiv zu gestalten, daß sich aus der Forschung heraus neue Produkte in Form von Anlagen entwickeln, die sich auf dem internationalen Markt behaupten können. Erste Projekte beispielsweise zur Aufbereitung von Alt-Industriestandorten laufen bereits auf dem Gelände der Großgaserei in Magdeburg Rothensee. Gerade in der gezielten Unterstützung der Errichtung von Referenzanlagen sieht die GWM einen wesentlichen Beitrag in der praktischen Umsetzung technologischer Innovationen in marktfähige Produkte.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Weitere Entwicklungsarbeit im Zusammenhang mit der Demercurierung bedarf es noch bei der Suche nach effektiven Methoden der qualitativen chemischen Analytik zur Bestimmung des Quecksilbergehalts im „gereinigten“ Schüttgut. Derzeit genutzte Verfahren sind sehr zeitaufwendig, da die Probe naßchemisch zur Analyse vorbereitet werden muß. Dieses Problem zeigt, daß die Vakuumdemercurierung nicht nur ein Forschungsgegenstand der Vakuumphysik ist, sondern interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert.

Letzte Änderung: 24.11.1997 - Ansprechpartner: Webmaster