Meine Herren ich brauche Sie alle!
Universitätschor gibt in Vorweihnachtszeit zahlreiche Konzerte
Festakte und Oratorien, a cappella-Konzerte und Adventslieder im Klinikum – der Magdeburger Universitätschor zeigt, wie mit wenig Geld viel zu machen ist.
„Meine Herren“, ruft Günther Hoff und springt hinterm Flügel vor, „meine Herren, ich brauche Sie alle.“ Die Herren – das sind vier Tenöre, die in diesem Augenblick zweistimmig singen sollen. Geprobt wird eine Motette von Heinrich Schütz – ein kleines Meisterwerk der Polyphonie. Noch glänzt das kleine Meisterwerk nicht, noch ist Maestro nicht zufrieden: „Aber es wird.“ Eilige Rückkehr zum Flügel. Nächster Einsatz: „Meine Herren ... !“
Zweimal in der Woche probt der Magdeburger Universitätschor. Zweimal zwei Stunden in wenig anheimelndem Ambiente. Ein Hörsaal – steil aufragend, knarzende Sitze, Tankstellenlicht, Bullenhitze. Fünf Konzerte sind es bis Weihnachten. Erstmals kann man den 1993 gegründeten Chor auch a cappella hören. Schütz und Bach, Mendelssohn und Bruckner. „Das war jetzt einfach dran“, sagt Kirchenmusikdirektor a.D. Günther Hoff, erpicht darauf, den Chorklang zu kultivieren. Bislang hatten sich seine rund achtzig Sänger auch schon mal hinter dem Orchester der Telemann-Musikschule verstecken können. Zuletzt bei Brahms’ „Deutschem Requiem“, bei Bachs „Johannes-Passion“ und dessen „Weihnachtsoratorium“, mit dem man Anfang des Jahres in Israel gastierte.
Weihnachtslieder in Klinik
Jetzt steht das „Jauchzet, frohlocket“ neuerlich auf dem Plan. Aufführungen der Kantaten I bis III gibt es am 15. Dezember, 20 Uhr, in der St. Sebastianskirche Magdeburg und am 20. Dezember, 19 Uhr, in der Schönebecker Jakobikirche. Hinzu kommt ein vorweihnachtliches Konzert am 18. Dezember 1997 um 19:30 Uhr im Kloster Unser Lieben Frauen. Neben Chormotetten der erwähnten Meister werden dabei auch Sätze erklingen, die während Hoffs Zeit als Domkantor (1969-93) zum vertrauten Repertoire des Domchores gehörten: Andreas Hammerschmidts „Machet die Tore weit“ beispielsweise oder Raphaels „Maria durch ein Dornwald ging“.
Außer diesen öffentlichen Konzerten, für die der Vorverkauf in den Buchhandlungen Holtermann und Wahle sowie bei Radio Menzel am Hasselbachplatz stattfindet, übernahm der Chor jüngst die musikalische Ausgestaltung von mehreren Veranstaltungen der Universität – so beim Akademischen Festakt aus Anlaß des 395. Guericke-Geburtsjubiläums und bei der Exmatrikulationsfeier an der Medizinischen Fakultät. Am 17. Dezember 1997 werden in der Frauenklinik Advents- und Weihnachtslieder erklingen. Ein sattes Pensum. „Macht aber Spaß und außerdem sind wir zu Präsenz verpflichtet“, findet Hoff, und die Universität findet das auch.
Daß weder die Alma mater noch die öffentliche Hand dieses Engagement nennenswert fördern steht auf einem anderen Blatt. Wären nicht dann und wann „Spritzen“ eines Medizinprofessors und eines Apothekers, wäre nicht – fürs Finanzielle zuständig – Lilo Bänecke, die umtriebig da und dort einen Tausender ergattert, vieles, das meiste wohl, bliebe ungesungen. Zuverlässig kletternde Saalmieten tun ein übriges. Selbst im Dom, Hoffs langjähriger Wirkungsstätte, kostet ein „Fremdkonzert“ mittlerweile 2000 DM. So tut der Meister, was er stets getan hat. Er dirigiert für Gotteslohn. Und macht davon unbenommen Pläne bereits für 1998. Am 13. Juni wird es – natürlich im Dom – Händels „Messias“ geben. Wofür vier Chortenöre wirklich wenig sind, weshalb Hoff auf neue Stimmen hofft: „Meine Herren, ich brauche Sie alle!“
Friedemann Krusche
Der Universitätschor probt dienstags und mittwochs 19 bis 21 Uhr im Hörsaal der Kinderklinik, Eingang Emanuel-Larisch-Weg. Neuanmeldungen sind auch unter 4014526 möglich. Gespendet werden kann auf das Konto: 81001504 bei der Landeszentralbank Magdeburg, BLZ 81000000 Kostenstelle 99135.