Dem Wohl kleiner Patienten

100 Jahre Klinische Kinderheilkunde in Magdeburg

„Unsere jungen Patienten sind eben keine kleinen Erwachsenen", unterstrich Dr. Klaus Mohnike, Vorsitzender des Fördervereins „Karl Nißler" an der Universitätskinderklinik Magdeburg e.V. als er vor Medienvertretern über das Jubiläum „100 Jahre Klinische Pädiatrie in Magdeburg" informierte.

Diese Einsicht führte wohl dazu, dass 1906 der Stadtrat mit Dr. Arthur Keller erstmalig einem Kinderarzt die Betreuung der Säuglingsstation mit 34 Betten im städtischen Krankenhaus Altstadt übertrug. Damals erlebten von 1000 Neugeborenen 200 ihren ersten Geburtstag nicht. Ernährungsstörungen, mangelhafte Hygiene und Infektionen waren ernsthafte Bedrohungen der Gesundheit. Als nach dem 1. Weltkrieg Säuglinge wegen Mangels an Muttermilch zu sterben drohten, richtete die Kinderärztin Marie-Elise Kayser in Magdeburg die erste Sammelstelle für Frauenmilch Deutschlands ein. 1945 wurde auch das Krankenhaus Altstadt zerstört. Ausweichstationen entstanden u.a. in der Halberstädter Straße. 1954 wurde die Kinderklinik der neu gegründeten Medizinischen Akademie Magdeburg angegliedert, erzählte Prof. Wilhelm Thal, früherer Direktor der Kinderklink. Während seiner Assitenzarztzeit waren oft mehr Patienten als Betten da. Kurzerhand wurden Schreibtischschubladen auf zwei Stühle gestellt in Babybetten umfunktioniert. 1964 ist die Kinderklinik des städtischen Krankenhauses in Magdeburg Süd-West (Ottersleben) gegründet worden.

Heute sind in Magdeburg mehr als 100 Kinderärzte in Kliniken, Arztpraxen, im Sozialpädiatrischen Zentrum, in Forschung und öffentlichem Gesundheitsdienst tätig. Die Säuglingssterblichkeit sank auf 4 von 1000 Neugeborenen im ersten Lebensjahr.

Neue Herausforderungen

Dennoch bleiben Herausforderungen beispielswiese in der extremen Frühgeburtlichkeit, in angeborenen Fehlbildungen und dem plötzlichen Kindstod, berichtete Prof. Dr. Gerhard Jorch, Direktor der Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, hinzu kämen Drogenprobleme, Verhaltensstörungen, Verwahrlosung, Unfälle und Krebserkrankungen. Inzwischen hat sich in Magdeburg, geleitet von Prof. Uwe Mitteler, eins der größten Kinderonkologischen Zentren Deutschands etabliert.

Die Anzahl der Patienten in der Kinderheilkunde ist wesentlich geringer als in der Erwachsenenmedizin und geht durch den Geburtenrückgang noch stärker zurück. Das Diagnosespektrum jedoch ist ähnlich umfangreich wie in den verschiedenen Fachgebieten der Inneren Medizin und der Neurologie.

Ökonomie im Vordergrund

Und auch bei der Festlegung der Therapie ist vom behandelnden Arzt ein besonders sorgfältiges Abwägen von Nutzen und Risiken gefordert. Doch zunehmend würden Kinder unter fünf Jahren nicht mehr auf speziellen Kinderstationen behandelt, warnte Prof. Dr. Winfried Wagemann, Kinderchirurg. Immer mehr spielen bei der medizinischen Betreuung ökonomische Faktoren eine Rolle, sorgte sich Dr. Barbara Knittel, Chefärztin am städtischen Kinderkrankenhaus. Die mit der Gesundheitsreform eingeführte Budgetierung differenziere nicht den unterschiedlichen Betreuungsaufwand für einen zweijährigen und einen zwölfjährigen Patienten.

Literatur

Anlässlich des Jubiläums ist eine Broschüre „100 Jahre Klinische Pädiatrie in Magdeburg" erschienen. Zu beziehen ist sie über den Förderverein „Karl Nißler" an der Universitätskinderklink e.V., Wiener Straße, 39112 Magdeburg, Tel.: 0391/ 67-17088.

Letzte Änderung: 26.05.2006 - Ansprechpartner: Webmaster